LGBTI*-Senioren Altersbericht der Bundesregierung betont Probleme für ältere Homosexuelle und queere Menschen
Bundesseniorenministerin Lisa Paus hat heute Mittag den neunten Bericht zur Lage der älteren Generation in Deutschland vorgestellt. Eine Kernaussage dabei: Ältere Menschen leben in Deutschland so vielfältig wie nie zuvor, bringen sich ein und sind aktiv bis ins hohe Alter. Der Altersbericht dokumentiert dabei allerdings auch, dass besonders Senioren aus der LGBTI*-Community sowie Frauen oftmals noch benachteiligt sind. Scharfe Kritik kommt von der Linksfraktion.
Gleichberechtigtes Leben im Alter
Der Altersbericht „Alt werden in Deutschland – Vielfalt der Potenziale und Ungleichheit der Teilhabechancen“ legt einen Schwerpunkt dabei auf die Vielfalt der Lebenssituationen von Senioren, konkret auch bei Homosexuellen und queeren Menschen. Die Bundesregierung betonte dabei, dass es wichtig sei, auch älteren LGBTI*-Menschen ein gleichberechtigtes, offenes und selbstbestimmtes Leben im Alter und ein gutes Altern zu ermöglichen.
Sven Lehmann, der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, erklärte dazu: „Die Sachverständigenkommission des Neunten Altenberichts empfiehlt eine diversitätssensible Gestaltung von Altenhilfe und Altenpflege, die die Biographien und Bedürfnisse von älteren LSBTIQ* berücksichtigt und einer Diskriminierung älterer Menschen aufgrund von sexueller und geschlechtlicher Identität aktiv entgegenwirkt. Dazu trägt die langjährige Förderung des ´Dachverbands Lesben und Alter´ und der ´Bundesinteressenvertretung schwuler Senioren (BISS)´ durch das BMFSFJ bei. Ich freue mich sehr, dass es gelungen ist, beide Verbände weiterhin im Bundesaltenplan finanziell abzusichern und es sogar möglich war, die Unterstützung zu verstärken. Damit ist die wichtige und wertvolle Arbeit der beiden Träger gesichert.“
Altersarmut und Diskriminierung
Aktuell gibt es in Deutschland bis zu einer Million homo- und bisexuelle Senioren, mindestens jeder Fünfte von ihnen ist von Altersarmut betroffen. Gerade die strafrechtliche Verfolgung und gesellschaftliche Stigmatisierung und Diskriminierung im Umfeld des Schwulenverbots-Paragrafen 175 sorgte vielerorts lange Zeit in Deutschland für Schwierigkeiten und unstete Lebensläufe und berufliche Karrieren.
„Der Neunte Altenbericht betont, dass neben der Erfahrung politischer Emanzipation und positiver Veränderungen die Zeit der Verfolgung und Unterdrückung dennoch ihre Spuren hinterlassen – als Brüche, Verluste und durchaus traumatische Erfahrungen in den Lebensläufen vieler älterer LSBTIQ*. Die Zeit der Stigmatisierung und Pathologisierung wirkt nach. Sie schlägt sich nieder in einem Misstrauen gegenüber den traditionellen Strukturen der Altenhilfe -und Altenpflege und Gesundheitseinrichtungen. Ältere LSBTIQ* fürchten, sich in Altenheimen verstecken zu müssen. Sie haben Angst wieder abgelehnt und ausgegrenzt zu werden, wenn sie sich nicht mehr wehren können. Sie fürchten den Verlust von Selbstbestimmung, Sichtbarkeit und Identität, den Verlust all dessen, wofür sie ein Leben lang gekämpft haben. Eine Sensibilisierung u.a. von Fachpersonal in Bezug auf ältere LSBTIQ* schafft eine Atmosphäre der Akzeptanz und wirkt Ausgrenzung, Diskriminierung und Einsamkeit von LSBTIQ* entgegen“, so Lehmann weiter.
Ungleichheiten abbauen
Bundesseniorenministerin Lisa Paus sagte zudem: „Alle älteren Menschen müssen die gleichen Chancen auf Teilhabe haben, unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder sozialer Lage.“ Und Prof. Dr. Martina Brandt von der TU Dortmund sowie Vorsitzende der Berichtskommission ergänzt: „Das Älterwerden der Gesellschaft birgt viele Chancen – wir müssen jedoch die Vielfalt des Alters wertschätzen, Diskriminierung bekämpfen und Ungleichheiten abbauen. Um in Zeiten von Herausforderungen und Krisen die selbstbestimmte gleichberechtigte Teilhabe aller älteren Menschen sicherzustellen und zu verbessern, müssen wir gemeinsam eine integrierte Politik für ein gutes Leben im Alter entwickeln.“
Kritik der Linksfraktion
Kritik kommt von der Linksfraktion, Vorsitzende Ines Schwerdtner betont: „Es ist eine Schande, wie Menschen im Alter in Deutschland behandelt werden. Zu viele von ihnen leben in Armut, werden in ihren Wohnungen isoliert oder müssen ohne angemessene Pflege auskommen. Altersarmut ist kein persönliches Versagen, sondern das Ergebnis einer Politik, die lieber Millionäre entlastet, statt Rentner abzusichern. Die bestmögliche Gesundheitsversorgung und Pflege muss allen Menschen in Deutschland zur Verfügung stehen und darf nicht von der Größe des Geldbeutels abhängen (…) Kein Mensch darf im Alter allein oder in Armut bleiben – das ist kein Luxus, das ist Menschenwürde.“ Die Partei wünscht sich eine Pflegeoffensive, um so 100.000 neue Stellen in der Altenpflege zu schaffen. Dazu soll das Grundgehalt um mindestens 500 Euro angehoben werden.