Das Bildnis des Dorian Gray Neuverfilmung als Serie: Oscar Wildes Klassiker als moderne homoerotische Geschichte
Das dürfte sehr spannend werden: Der Streamingdienst Netflix will Oscar Wildes Buchklassiker „Das Bildnis des Dorian Gray“ als homoerotische Serie neu verfilmen – und dürfte damit dem Originaltext hoffentlich näher kommen als alle bisherigen Filmadaptionen.
Jahrzehnte der Zensur
Wilde selbst hat in seinem einzigen Roman viele homoerotische Bezüge um den ewig jungen Dorian Gray ersponnen – vieles davon viel der Zensur zum Opfer. Erst 2011 wurde die unzensierte Ausgabe mit rund 500 Wörtern neu publiziert. Darin wird an mehreren Stellen sehr deutlich über romantische und homoerotische Gefühle zwischen den Protagonisten berichtet – mit Spannung wird deswegen jetzt erwartet, wie Netflix die Geschichte umsetzen will. Bisher hat der Streamingdienst bereits mit einigen Formaten wie „Heartstopper“ oder „Sex Education“ ein Gespür für homosexuelle Storylines gezeigt.
Schwule Experten hinter der Kamera
Auch der bisher bekannte Cast verspricht viel: Produziert wird die Serie von Greg Berlanti und seinem Ehemann Robbie Rogers. Katie Rose Rogers, Autorin und Co-Produzentin von „Fellow Travelers“ sowie Schwester von Robbie Rogers, wird die Serie schreiben. Berlanti führte bereits Regie bei schwulen Filmperlen wie „Der Club der gebrochenen Herzen“ oder auch „ Love, Simon“ und wirkte als Produzent in der schwulen Love-Story „Royal Blue“ bei Amazon Prime mit. Der Titel der neuen Serie steht auch schon fest „The Grays“ – bereits 2025 könnte die Serie erscheinen.
Eine ewig zeitlose Story
Die Geschichte um den wunderschönen Dorian soll in der Gegenwart und in der heutigen Schönheitsindustrie angesiedelt sein. Die Hauptfigur und der Künstler Basil Hallway werden als Geschwister neu besetzt. Im Kern wird aber weiterhin die Geschichte von Dorian Gray erzählt, einem jungen schönen Mann, der ein Gemälde von sich anfertigen lässt – im Lauf der Jahre altert nur das Porträt, er selbst bleibt indes jung und frei von den Spuren seiner zahlreichen sexuellen Eskapaden.
Gray wird dabei immer maßloser und grausamer, bis er am Ende desillusioniert Selbstmord begeht. Am nächsten Morgen finden seine Dienstboten seine Leiche, die kaum mehr zu erkennen ist, so verlebt erscheint sie. Das Porträt dagegen erstrahlt „in vollem Glanz seiner köstlichen Jugend und Schönheit“.
Würdigung nach 135 Jahren
Der schwule irische Autor Oscar Wilde hat mit seinem Prosahauptwerk viel gewagt, als es 1890 erstmals erschien. Der Roman galt jahrelang als anrüchig, sinnlich und nur kaum versteckt auch als homoerotisch und war Gegenstand des Unzucht-Prozesses gegen Wilde. Es ist zu hoffen, dass mit der zeitgemäßen Neuverfilmung die ursprüngliche Geschichte endlich so gewürdigt wird, wie sie es verdient hat.
Der Buchklassiker wurde indes bereits über ein Dutzend Mal verfilmt, zumeist wurden die homoerotischen Bezüge aber immer wieder glatt gebügelt, auch in der letzten großen aber leider eher mittelmäßigen Verfilmung aus dem Jahr 2009 mit Ben Barnes (Die Chroniken von Narnia) in der Hauptrolle. Als bisher beste Verfilmung gilt bis heute die Umsetzung aus dem Jahr 1970 des italienischen Regisseur Massimo Dallamano. Als Dorian Gray agierte damals der junge schwule Schauspieler Helmut Berger, der lange Zeit als „der schönste Mann der Welt“ und 2023 im Alter von 78 Jahren verstarb.