Verbotene Bücher Zwangsouting in der Bibliothek – in den USA soll es LGBTI*-Bücher nur noch mit Lichtbildausweis geben
Der Kulturkampf gegen die LGBTI*-Community nimmt in den USA immer weiter an Fahrt auf, je näher die Präsidentschaftswahlen im November rücken – dabei schrecken hartgesottene Republikaner offenbar immer weniger auch vor eindeutigen Hass-Aktionen zurück. Im US-Bundestaat Idaho wurde bereits zu Beginn des Jahres gesetzlich festgelegt, dass Bibliotheken alle Bücher mit LGBTI*-Inhalten als „Erwachsenenliteratur“ einstufen müssen. Nun gehen viele Büchereien offenbar noch weiter.
Bücher nur mit Lichtbildausweis
Mehrfach tauchten inzwischen vor Bibliotheken zuletzt Schilder auf, die Besucher unter 30 Jahren verpflichtend dazu auffordern, einen Lichtbildausweis vorzulegen, wenn sie LGBTI*-Bücher einsehen wollen. Zugang bekommen nur noch Menschen, die mindestens 18 Jahre alt sind. Doch allein die Aktion an sich dürfte weiter dazu beitragen, dass alle Werke immer mehr gänzlich unangetastet bleiben, denn die Ausweis-Pflicht kommt vielerorts einem Zwangs-Outing gleich.
Betroffen davon sind nicht nur Romane, die beispielsweise eine schwule Love-Story erzählen, sondern auch alle Sachbücher und Ratgeber für Jugendliche und junge Erwachsenen, die Fragen rund um ihre Sexualität oder LGBTI* haben.
Landesweite Zensur nach Präsidentschaftswahl?
Zuletzt haben sich mehrere Bundesstaaten diesen oder ähnlichen schrittweisen Verboten von LGBTI*-Büchern bereits angeschlossen. LGBTI*-Organisationen gehen inzwischen davon aus, dass es zu einer landesweiten Zensur kommen wird, wenn Donald Trump im November die Präsidentschaftswahl gewinnen sollte. Im Parteiprogramm der Republikaner findet sich ein solches Vorhaben bereits.
Dabei soll wie in Idaho jedwedes „obszönes Material“ in Büchern ganz verboten werden – dazu gehören Nacktheit, sexuelle Erregung, sadomasochistischer Missbrauch und sexuelle Handlungen sowie sexuelles Verhalten. Homosexualität fällt dabei generell auch unter diesen Zensurpassus, unabhängig davon, in welchem Kontext darüber geschrieben wird.
Strafzahlungen und Klagen
Vorgesehen sind wie im US-Bundesstaat dann auch landesweite Strafzahlungen: Bibliotheken, die gegen das Gesetz verstoßen, würden dann künftig landesweit mit einer obligatorischen Geldstrafe in Höhe von 250 US-Dollar belegt. Außerdem können Besucher Klage einreichen und Schadensersatz ohne eine Obergrenze einklagen, wenn sie sich durch ein Buch mit homosexuellen Aspekten „emotional verletzt“ oder in ihren religiösen Gefühlen angegriffen fühlen.
In Idaho greifen diese Richtlinien seit Anfang Juli, weswegen immer mehr Bibliotheken die bereits erwähnten Warnschilder aufgestellt haben. In anderen Büchereien und Buchläden müssen Interessenten indes inzwischen eidesstattliche Erklärungen unterschreiben, wenn sie ein LGBTI*-Buch einsehen, ausleihen oder kaufen wollen. Bei Minderjährigen muss ein Elternteil vor Ort anwesend sein und schriftlich seine Zustimmung bestätigen.
Rebellion einzelner Büchereibesitzer
Vereinzelt üben sich einzelne Einrichtungen noch im Widerstand, beispielsweise die Bibliothek von Donnelly in Idaho. Direktorin Sherri Scheline erklärte dazu: „Wir haben Kinder in unserem Schulbezirk, die gleichgeschlechtliche Eltern haben. Und diese Kinder verdienen es, sich in der Literatur wiederzufinden. Sie verdienen es, dass man ihnen ein Buch aus dem Regal gibt, das für Kinder bestimmt ist, und dass sie ein Buch ausleihen können, das ihr eigenes Leben widerspiegelt. Ich werde diese Bücher nicht verstecken und den Kindern Bücher vorenthalten, in denen sie sich selbst in der Literatur wiederfinden. Es spielt keine Rolle, was ich über das Buch selbst denke. Ich werde das Buch nicht entfernen. Ich hatte noch keine Probleme. Ich nehme aber an, dass es irgendwann eines geben wird, denn, na ja, alle guten Dinge haben einmal ein Ende.“
Die jüngsten Daten der Schriftstellerorganisation PEN America zeigen auf, dass im aktuellen Schuljahr bereits fast 4.000 Bücher in den USA auf dem Index gelandet sind, eine Zunahme von 33 Prozent binnen eines Jahres. Mit kreativen Mitteln wie kostenfreien Online-Bibliotheken oder Notfall-Päckchen mit LGBTI*-Büchern via Post versuchen Homosexuelle und queere Menschen die Verbote und die Zensur zu umgehen – greift ein solches striktes Gesetz allerdings landesweit, dürften auch diese Aktionen alsbald zu einem strafbaren Akt werden.