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Ein Richter auf Abwegen

Ein US-Richter auf Abwegen Neue Schlagzeilen um den homophoben Trump-Fan Samuel Alito, Richter am US-Supreme Court

ms - 24.05.2024 - 11:00 Uhr
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Den 74-jährigen Richter Samuel Alito am Obersten US-Gericht, dem Supreme Court, als konservativ zu bezeichnen, darf als leicht untertrieben bezeichnet werden – er gilt in vielen Positionen als Hardliner, gerade auch, wenn es um die Rechte von Homosexuellen geht. Bis heute ist er ein erklärter Gegner der gleichgeschlechtlichen Ehe und würde sie gerne sofort rückgängig machen. Nun droht ihm selbst allerdings Ärger und dieser könnte dazu beitragen, dass die Amerikaner noch mehr das Vertrauen in das höchste Gericht ihres Landes verlieren. 

Kopfschütteln nach Skandal-Urteilen

Aktuell sind nur noch 35 Prozent der US-Bürger mit dem Supreme Court zufrieden, ein historischer Tiefststand – da geht aber wohl noch mehr. Spätestens seitdem Ex-Präsident Donald Trump während seiner Amtszeit drei neue Richter auf Lebenszeit benennen konnte und damit eine konservative Mehrheit unter den neun Richtern festigte, werden immer öfter Urteile mit Kopfschütteln in der US-Gesellschaft goutiert, beispielsweise kippte das Gericht 2022 das landesweite Recht auf Abtreibung, verfasst von Alito höchstselbst, ein Jahr später dann urteilten die Richter mehrheitlich, dass Schwule und Lesben wieder diskriminiert werden dürfen, wenn sich durch ihre Homosexualität Dienstleister in ihrem Glauben angegriffen oder verletzt fühlen könnten. 

Beflaggung der Extremisten 

Die neusten Enthüllungen der New York Times verdeutlichen nun, welch Geistes Kind Richter Alito ist. Bereits 2021 kurz nach dem Sturm auf das Capitol wehte am Fahnenmast vor dem Wohnhaus des konservativen Richters die amerikanische Flagge auf dem Kopf – ein Signal all jener in diesen Tagen, die der festen Überzeugung waren und sind, Trump sei damals die Wiederwahl „gestohlen“ worden. Darauf angesprochen, hatte Alito kleinlaut erklärt, seine Frau hätte die Fahne falsch herum aufgezogen aufgrund von Streitigkeiten mit den Nachbarn. 

Nun allerdings konnte die NY-Times nachweisen, dass auch an seinem Strandhaus in New Jersey im letzten Sommer erneut eine problematische Beflaggung zu sehen war: Vor dem Anwesen des Richters, der 2006 vom damaligen Präsidenten George W. Bush eingesetzt worden war, flatterte eine Fahne mit einem grünen Tannenbaum und der Aufschrift „Appeal to Heaven“. Diese Flagge wird in den USA nur von christlichen Nationalisten und Extremisten verwendet und kam auch beim Sturm auf das Capitol zum Einsatz. Sie stellt die Aufforderung dar, gegen eine ungerechte Herrschaft zu rebellieren. Ob Alitos Frau erneut etwas durcheinander gebracht hat?

Natürlich darf auch ein Richter seine private politische Meinung haben, heikel wird die Situation aber auch deswegen, weil am Supreme Court gerade zwei Fälle beraten werden, die einen großen Einfluss auf die Strafverfahren gegen Donald Trump haben. Von seinem Amt suspendiert werden, kann Alito allerdings trotzdem nicht, auch wenn die Rücktrittsforderungen sowohl von Demokraten wie aber auch bei einigen Republikanern lauter werden. Er kann nur durch Tod oder freiwilligen Rücktritt aus dem Amt ausscheiden.  

Erneuter Angriff auf Homosexuelle?

Und noch immer schwingt die Angst mit, dass Alito mit anderen homophoben Richtern wie Clarence Thomas spätestens bei einem möglichen Wahlsieg von Trump im November dieses Jahres das Urteil zurücknimmt, das seit 2015 die gleichgeschlechtliche Ehe in den USA erlaubt

Die Präsidentin der LGBTI*-Organisation GLAAD, Sarah Kate Ellis, erklärte dazu: „Seine Entscheidungen, seine Rhetorik und sein Verhalten innerhalb und außerhalb des Gerichtshofs zeigen, dass er nicht die große Mehrheit der Amerikaner vertritt, die freie und faire Wahlen unterstützen und für das Recht von LGBTI*-Personen und unsere Ehen sowie grundlegende Normen der Justizethik und des menschlichen Anstands einstehen.“ Es sei unwahrscheinlich, dass ein so „schamloser Richter“ freiwillig zurücktritt, um so mehr müsse sich die LGBTI*-Community jetzt für einen LGBTI*-freundlichen Präsidenten und für LGBTI*-freundliche Senatoren einsetzen, so Ellis. 

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