Direkt zum Inhalt
Scham vor der PrEP
Rubrik

Scham vor der PrEP Scharfe Kritik an Vorurteilen gegenüber PrEP-Nutzern

ms - 03.05.2024 - 15:00 Uhr

Die britische Autorin und Forscherin Beth Ashley kritisierte jetzt mit scharfen Worten den schambehafteten Umgang mit der Präexpositionsprophylaxe (PrEP). Auch in Deutschland wird die Pille gegen eine Ansteckung mit HIV beinahe ausschließlich von schwulen Männern eingenommen, für viele heterosexuelle Menschen bleibt die PrEP eine „Schwulensache“. 

Slutshaming in der Gay-Community

Die PrEP wurde bereits 2012 in Großbritannien und den USA eingeführt, vier Jahre später im Jahr 2016 folgte dann Europa. In Deutschland gibt es die PrEP seit 2019 auch auf Kassenrezept. „Man könnte meinen, dass der Diskurs über die PrEP überwiegend positiv ist. Ich meine, eine winzig kleine Pille kann im Alleingang die Übertragung von HIV verhindern. Das ist eine große Sache. Doch leider hat die Einführung des Medikaments eine neue Art von Slutshaming hervorgebracht“, so Ashley. 

Ashley stützt ihre These dabei auf mehrere Studien der letzten Jahre. In der Forschungsarbeit „PrEP Whores and HIV Prevention: The Queer Communication of HIV Pre-Exposure Prophylaxis” war konkret die Rede von „PrEP-Nutten“, also PrEP-Nutzern, die in der Öffentlichkeit und auch in der Gay-Community oftmals abwertend und mit dem Duktus der Scham behaftet als „stets sexgeile Schlampen“ dargestellt werden. 

Scham verhindert eine effektive HIV-Prophylaxe

Das Gay Men's Health Project veröffentlichte einen Bericht,  der aufzeigte, dass rund 33 Prozent der schwulen Männer in Großbritannien, die das Medikament einnehmen, deswegen sogar bereits diskriminiert wurden. Ähnliche Studien gibt es aus den USA, die jüngste kam erst 2023 aus Frankreich: In der HIV-Präventionsstudie der Île-de-France erklärte jeder dritte homosexuelle Mann (33%), dass die PrEP-Einnahme zu einem negativen Image führe – vor allem jüngere Schwule reagierten darauf mit einem sinkenden Selbstwertgefühl bis hin zu Depressionen. 

Das Problem: Das Stigma rund um das Slutshaming verhindert in vielen Fällen, dass sexuell aktive schwule Männer das Medikament überhaupt einnehmen – infolgedessen befürchten HIV-Experten einen Anstieg von HIV-Neuinfektionen. „Es ist wichtig zu verstehen, wie weit verbreitet diese negativen Ansichten über die PrEP sind und was hinter diesen Einstellungen stecken könnte“, so das französische Forscherteam. Verschlimmert wird die Lage dann immer wieder durch Lieferengpässe wie in Großbritannien, den USA, Australien, Neuseeland, Irland und Japan. Auch in Deutschland kam es zu Beginn dieses Jahres zu Versorgungsschwierigkeiten bei der PrEP

Applaus für PrEP-Nutzer

Der Kritik von Forscherin Ashley stimmen auch Experten zu wie Ian Howley, Geschäftsführer der Health Equality and Rights Organisation (HERO): „Wir müssen wirklich aufhören, uns gegenseitig als Schlampen zu beschimpfen. Sich gegenseitig als faul, unverantwortlich oder promiskuitiv zu bezeichnen, trägt nicht dazu bei, die Ausbreitung von HIV zu verhindern. Es braucht nur eine einzige sexuelle Begegnung, um HIV und STIs weiterzugeben. Diejenigen, die die PrEP nehmen, handeln verantwortungsbewusst. Sie stoppen die Ausbreitung von HIV innerhalb der schwulen und bisexuellen Gemeinschaft. Wir sollten ihnen applaudieren und sie nicht beschämen.“ In Deutschland nutzen derzeit rund 40.000 Menschen in der Bundesrepublik die PrEP, beinahe ausnahmslos sind dies schwule und bisexuelle Männer.

Auch Interessant

Kurzzeit-Schwule in den USA

Ein neuer Trend unter Hetero-Jungs

Ein neuer Trend greift in den USA um sich: Kurzzeit-Schwule. Was das genau ist? Und warum die Höhe dabei eine besondere Rolle spielt? Wir verraten es!
Kampfansage in Hollywood

Neue Pläne für ein Anti-Woke-Studio

PR-Gag oder mehr? Mel Gibson, Mark Wahlberg und Roseanne Barr arbeiten an einem neuen Filmstudio und wollen der "Woke"-Kultur den Kampf ansagen.
Eine heiße Affäre

Gibt es den typischen Fremdgänger?

Gibt es den typischen Fremdgeher? Wie sieht der aus? Britische Forscher wollten es genauer wissen und sorgten für Wirbel im Vereinigten Königreich.
Frohe Weihnachten?!

Kritik am Weihnachtsgruß

Frohe Weihnachten? Bitte nicht! Wer das wünscht, betreibe christliche Kulturimperialismus. Meint zumindest ein US-Diversity-Experte.
Ist das Coming-Out out?

Der neue Trend der queeren Gen-Z

Ist das Coming-Out out? Veraltet sei es, so einige junge queere Aktivisten, die sich lieber ein “Inviting-In” wünschen - aber was ist das genau?
Haftstrafe für Neonazi

Attentatspläne auf Community

2022 wurde ein schottischer Extremist gefasst, nun endlich folgte die Verurteilung. Der Neonazi wollte LGBTI*-Menschen "mit Blut bezahlen" lassen.
Schutz für LGBTI*-Jugendliche

Paris Hilton feiert neue US-Gesetz

Jahrelang hat sich Paris Hilton für einen besseren Schutz von Jugendlichen in Heimen eingesetzt, jetzt wurde das Gesetz im US-Kongress verabschiedet.