Direkt zum Inhalt
33 Jahre nach der Tat

33 Jahre nach der Tat "Rentner-Cops" können Tatverdächtigen im Mordfall eines schwulen Friseurmeisters festnehmen

ms - 19.04.2024 - 09:50 Uhr
Loading audio player...

Ein 33 Jahre alter Mordfall an einem schwulen Friseurmeister aus Mülheim an der Ruhr (Nordrhein-Westfalen) konnte jetzt aufgeklärt werden. Cold Case-Ermittler konnten den polnischen Tatverdächtigen in dieser Woche festnehmen, der vermutlich aus Habgier gehandelt hat. 

Im Schlafzimmer erdrosselt 

Im Januar 1991 war der Friseurmeister Günter K. (63) zusammen mit Freunden nach einer langen Partynacht vor seiner Wohnung angekommen – gegen halb sechs Uhr morgens hatte er sich vor der Haustür von den Freunden verabschiedet. Was danach geschah, gab der Polizei bis heute Rätsel auf. Schlussendlich informierten am nächsten Tag Angestellte des Friseurladens die Polizei, weil ihr Chef nicht mehr erreichbar war und auch nicht im Salon erschien. Die Beamten fanden Günter K. dann tot in seinem Schlafzimmer auf. Der 63-Jährige wurde mit dem Kabel einer Mehrfachsteckdose erdrosselt. 

Schnell ist klar, dass das Motiv mit großer Wahrscheinlichkeit Habgier gewesen sein muss. In der Wohnung des schwulen Mannes fehlten wertvolle Uhren, Goldmünzen und ein teures Cartier-Feuerzeug im Wert von mehreren tausend DM. Die Polizei fahndet nach dem vermeintlichen Raubmörder, doch die Spur bleibt kalt. 

Haftbefehl nach 33 Jahren

Jahre später nimmt die Essener Ermittlungsgruppe „Cold Case“ den Fall erneut auf, mit moderner Kriminaltechnik findet sich dabei eine heiße Spur. Die Ermittler können aufzeigen, dass der Fingerabdruck eines 1985 in Polen erwischten Einbrechers mit den festgestellten Fingerabdrücken in der Wohnung des schwulen Friseurmeisters übereinstimmt. 

Am Dienstag dieser Woche überführen die Ermittler den mutmaßlichen, heute 62-jährigen Deutsch-Polen. MK-Leiter Dustin Wisnewski dazu: „Man merkte, dass ihm klar war, weswegen wir da sind.“ Eine Speichelprobe bestätigte dann überdies, dass der Fingerabdruck vom Verdächtigen stammt, die ebenso gefundenen DNA-Spuren stimmten überein, sodass das Amtsgericht jetzt einen Haftbefehl erlassen hat. Der Tatverdächtige sitzt inzwischen in Untersuchungshaft.

Mord nach intimen Kontakten?

Zum möglichen Tathergang hat sich der damals 30-Jährige bisher nicht geäußert. Die Ermittler gehen davon aus, dass er möglicherweise intime Kontakte mit dem Friseurmeister gehabt hatte. Ob die Situation dabei eskalierte oder der Tatverdächtige in bewusster räuberischer Absicht agiert hat, ist derzeit nicht klar. Zeugen sagten allerdings bereits 1991 aus, dass Günter K. vor dem Haus von einem jungen Mann angesprochen worden war.

Staatsanwalt Martin Mende bestätigte gegenüber der BILD-Zeitung: „Wir gehen von Mord aus Habgier aus und Mord verjährt nicht, sodass es auch Jahrzehnte nach der Tat zu einer Anklage und zum Prozess kommen wird.“ Einer der Ermittler, Michael Detscher, der aus dem Ruhestand zurückkehrte, um Cold Cases aufzuklären, ergänzt dabei: „Die Opfer und ihre Angehörigen haben es verdient, dass wir nichts unversucht lassen. Die Hinterbliebenen von Günter K. haben sehr emotional und hocherfreut reagiert, als wir ihnen die Nachricht überbracht haben.“ 

Die umgangssprachlichen „Rentner-Cops“ der Mordkommission durchleuchten aktuell 32 unaufgeklärte Tötungsdelikte und 24 Vermisstenfälle allein in Essen, im ganzen Bundesland sind es mehrere hundert Fälle. 

Anzeige
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Queere Jugendliche in Flandern

Suche nach sicheren Räumen

Im ländlichen Belgien ist es für viele queere Jugendliche schwer, Gleichgesinnte zu treffen. Immer mehr Betroffene gründen daher eigene Gruppen.
Queerer Rugbyclub

Besonderes Jubiläum in England

In England feiert ein LGBTIQ+-Rugbyclub zehnjähriges Bestehen und setzt damit ein besonderes Zeichen für mehr queere Sichtbarkeit im „Männersport“.
Gefährliche Jugendzeit

Kindeswohlgefährdungen nehmen zu

Kindeswohlgefährdungen haben in Deutschland erneut stark zugenommen, insbesondere davon betroffen sind LGBTIQ+-Jugendliche.
Mord in Hollywood

Harry und Sally-Regisseur und Frau

Regisseur Rob Reiner und seine Ehefrau Michele Singer wurden ermordet – beide unterstützten tatkräftig Schwule und Lesben. Tatverdächtig ist ihr Sohn.
Aktion „I Am Not Propaganda“

Weltweit Proteste gegen Hass-Gesetz

Am vergangenen Wochenende demonstrierten vor zahlreichen Botschaften aus Kasachstan Menschen gegen das geplante Anti-LGBTIQ+-Gesetz im Land.
Proteste in Budapest

Kritik an Ministerpräsident Orbán

Ein Skandal erschüttert Ungarn: Über 50.000 Menschen forderten am Wochenende den Rücktritt von Ministerpräsident Viktor Orbán.
Nouripour kritisiert FIFA

Debatte um Pride-Spiel 2026

Bundestags-Vizepräsident Nouripour kritisierte die FIFA und sagte zum Pride-Spiel 2026 zwischen Iran und Ägypten: Die „Mullahs“ müssten das aushalten.
Strafe, weil er CSD zuließ?

Anklage gegen Gergely Karácsony

Der Bürgermeister von Budapest sieht sich mit strafrechtlichen Ermittlungen konfrontiert, weil er die Pride-Parade im Juni 2025 ermöglicht hat.
Vorurteile im Kampf gegen HIV

Religiöser Hass in Uganda

Christliche Kirchen verhindern aus Homophobie in Uganda die Unterstützung von Menschen mit HIV, wie die jüngste UNAIDS-Studie belegt.