Wahlen in den Niederlanden Besteht eine Gefahr für LGBTI*-Menschen nach dem politischen Stimmungsumschwung?
Die politische Stimmung in den Niederlanden hat sich mit der gestrigen Parlamentswahl radikal verändert – schon jetzt ist klar: die stärkste Kraft ist die Partei PVV von Geert Wilders, wahrscheinlich kommt die rechtspopulistische Partei auf 37 der 150 Sitze im Parlament in Den Haag und konnte damit ihre Mandate mehr als verdoppeln.
Lange Regierungsbildung erwartet
Die rechtsliberale Volkspartei VVD des scheidenden Ministerpräsidenten Mark Rutte kommt mit 24 Sitzen nur noch auf den dritten Platz, dicht davor das Bündnis aus Sozialdemokraten und Grünen mit 25 Sitzen. Noch ist völlig unklar, wie die neue Regierung in den Niederlanden aussehen wird und wer tatsächlich der neue Ministerpräsident des LGBTI*-freundlichen Landes werden kann.
Wilders selbst bekräftigte bereits kurz nach der Wahl seine Entschlossenheit zur Übernahme der Regierungsverantwortung. Seine Partei wolle mit anderen Parteien zusammenarbeiten, dazu, so Wilders, müssten alle nun über ihren Schatten springen. Ob diese dazu bereit sind, ist ebenso offen, das rot-grüne Bündnis hat eine Zusammenarbeit bereits ausgeschlossen. Um regierungsfähig zu sein, braucht eine Koalition mindestens 76 Sitze im Parlament. Wahrscheinlich wird es zu einer langwierigen Regierungsbildung kommen.
Erste Signale für die grundsätzliche Möglichkeit einer Zusammenarbeit kamen indes bereits von zwei Parteien, der Zentrumspartei NSC sowie der rechtsliberalen Volkspartei VVD von Ministerpräsident Rutte – dieser strebt nach der neuen Regierungsbildung einen Posten als Nato-Generalsekretär an. Zu den vorgezogenen Parlamentswahlen war es deswegen gekommen, weil im Sommer die Mitte-Rechts-Koalition von Rutte nach knapp 18 Monaten geplatzt war, Grund dafür war der Streit um die Migrationspolitik.
Ende der Migration in den Niederlanden?
Wilders hingegen gilt seit Jahren als strikt islamkritisch und möchte ein Ende der Migration in die Niederlande erreichen. Zudem hatte er in der Vergangenheit ein Verbot von Moscheen und dem Koran gefordert. Zuletzt betonte er allerdings, dies sei aktuell kein Thema mehr, seine Priorität liege darauf, den „Asyl-Tsunami“ zu begrenzen. Weitere Forderungen seiner Partei ist eine Personalaufstockung in der Pflege sowie niedrigere Steuern und Mieten. Zudem will er die Niederländer über einen möglichen Ausstieg aus der Europäischen Union abstimmen lassen.
Wechselhafte Stimmung in der LGBTI*-Community
Die niederländische LGBTI*-Community zeigt sich indes zumindest online durchaus gespalten, was den Wahlsieg Wilders betrifft. Während die einen den Rechtspopulisten grundsätzlich ablehnen, begrüßen andere seinen Wahlsieg. Das liegt vor allem auch an Wilders Einstellung zur Community selbst – immer wieder hat der heute 60-Jährige Homosexuelle unterstützt und erklärt, dass er stolz darauf sei, dass die Niederlande als weltweit erstes Land vor inzwischen 23 Jahren die Ehe für Schwule und Lesben geöffnet haben.
So erklärte er gegenüber Buzzfeed News: „Die Freiheit, die Homosexuelle haben sollten - sich zu küssen, zu heiraten, Kinder zu haben - ist genau das, was der Islam bekämpft.“ Und Parteimitbegründer Martin Bosma ergänzte: „Unser Parteiprogramm hat nie etwas Schlechtes über Homosexuelle gesagt, wir sagen nur, dass Schwule im Moment das Opfer der Masseneinwanderung sind – wenn Schwule verprügelt werden, geschieht das hauptsächlich durch Muslime. Amsterdam war einmal die Schwulenhauptstadt Europas, doch dank der Masseneinwanderung verstecken sich Schwule wieder.“
In seinem Parteiprogramm indes lehnt Wilders allerdings mehr Rechte für Trans-Menschen ab, gerade mit Blick auf Kinder spricht seine Partei davon, dass Minderjährige „indoktriniert“ werden sollen mit einem „Geschlechterwahnsinn“.
Kritik kam zuletzt auch von der niederländischen LGBT-Organisation COC Netherlands, sie sieht in Wilders „keinen sehr zuverlässigen Verbündeten“ und betonte, dass statistisch gesehen der größte Teil der Gewalt gegenüber LGBTI*-Personen von Menschen mit niederländischer Herkunft ausgeht – die Daten stammen allerdings aus einer Studie aus dem Jahr 2009.