Verfassungsbeschwerde Forderung nach mehr Datensicherheit für Flüchtlinge, gerade auch im Bereich der sexuellen Orientierung
Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) erhebt gemeinsam mit PRO ASYL sowie der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und elf Flüchtlingen Verfassungsbeschwerde gegen das novellierte Gesetz zum Ausländerzentralregister (AZR). Die Verfassungsbeschwerde richtet sich dagegen, dass Asylbescheide und Gerichtsentscheidungen im AZR im Volltext gespeichert werden. Diese Dokumente enthielten häufig hochsensible Informationen etwa zur individuellen Verfolgung, politischen Überzeugung oder auch zur sexuellen Orientierung.
Sensible Daten von Asylsuchenden
Darüber hinaus wenden sich die Organisationen gegen den uneingeschränkten Zugriff von Polizei und Geheimdiensten auf die Daten im AZR. Parallel zur Verfassungsbeschwerde klagt das Bündnis mit zwei Flüchtlingen vor dem Verwaltungsgericht Ansbach auf Unterlassung der Weitergabe ihrer Daten an Polizei und Geheimdienste. Das AZR verletze dabei Grundrechte und gefährde Asylsuchende.
„Geflüchtete suchen in Deutschland Schutz vor Verfolgung. Mit ihren persönlichen Daten müssen wir besonders vorsichtig umgehen. Stattdessen präsentieren wir sie möglichen Verfolgern auf dem Silbertablett. Bei hunderttausenden Zugriffsberechtigten ist es für Geheimdienste aus den Verfolgerstaaten oder für rassistische Straftäter*innen mit Verbindungen in deutsche Behörden ein Leichtes, an das Profil eines Geflüchteten samt Adresse zu gelangen“, kritisiert Sarah Lincoln, Rechtsanwältin und Verfahrenskoordinatorin bei der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF).
Im AZR werden alle Menschen erfasst, die ohne deutsche Staatsangehörigkeit in Deutschland leben. Insgesamt können etwa 16.000 öffentliche Stellen und mehr als 150.000 Behördenmitarbeiter auf das Register zugreifen, neben den Ausländerbehörden unter anderem auch Jobcenter, Jugendämter, Bundes- und Landespolizei, der Verfassungsschutz und der Bundesnachrichtendienst.
Zwangsoutings von homosexuellen Flüchtlingen?
Philipp Braun aus dem Bundesvorstand des LSVD Deutschland dazu weiter: „Queere Geflüchtete müssen fürchten, dass künftig zahlreiche Behördenmitarbeitende ihre sexuelle Orientierung beziehungsweise geschlechtliche Identität und intimste Details ihrer Lebens- und Verfolgungsgeschichte nachlesen können. Das verletzt ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.“
Und Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL, betont überdies: „Der fährlässige Umgang mit den Daten Geflüchteter reiht sich ein in die derzeitige Tendenz der Bundesregierung, die Grundrechte von geflüchteten und migrierten Menschen zu beschneiden, um in der aufgeheizten Stimmung vermeintlich zu punkten.“ Ziel der Verfassungsklage der drei Organisationen sei es dabei, zu erreichen, dass das Bundesverfassungsgericht strengere Richtlinien für die Speicherung von Daten von Flüchtlingen festlegt.