Direkt zum Inhalt
Schock in London

Schock in London Pfleger schlugen auf schwulen Senioren ein und drückten Zigaretten auf ihm aus

ms - 24.08.2023 - 14:00 Uhr
Loading audio player...

Es ist ein besonders ekelhafter Fall von Homophobie, der in London derzeit für Entsetzen sorgt – immer weitere Einzelheiten wurden dabei zuletzt bekannt. Ein schwuler Rentner wurde in einem Pflegeheim von homophoben Angestellten immer wieder geschlagen und missbraucht, indem sie brennende Zigaretten auf seiner Haut ausdrückten. Die Vorfälle ereigneten sich in einem Zeitraum von neun Monaten in den Jahren 2018 und 2019, wurden aber in allen Details erst jetzt bekannt.

Fluchtversuche aus dem Pflegeheim

Das schwule Opfer, der 76-jährige Noel Glynn, war aufgrund von Demenz in das Pflegeheim Albany Lodge in Croydon im Süden Londons eingewiesen worden. Sein Partner Ted Brown (69) zahlte monatlich umgerechnet rund 1.600 Euro für das Heim, bis er von anderen Insassen gewarnt wurde, besser nicht zu erzählen, dass er und sein Partner homosexuell sind. Kurz darauf erfuhr Brown, dass sein Partner viermal vergeblich versucht hatte, aus dem Heim zu flüchten, weswegen er seinen Mann daraufhin schnellstmöglich wieder aus der Einrichtung herausholte und anderweitig unterbrachte. Zwei Jahre später im Jahr 2021 verstarb Glynn.  

Ein grausames Martyrium

Erst nach seinem Tod wurde dann offenbar die ganze Dramatik des Falles bekannt. Gegenüber einem Sozialarbeiter hatte Glynn erzählt: „Mir gefällt es hier nicht, sie verprügeln mich.“ Immer wieder wurde der schwule Mann festgehalten, malträtiert und Zigaretten auf ihm ausgedrückt. Die Obduktion der Leiche wies zahlreiche ältere Blutergüsse am ganzen Körper auf, von der Brust bis zum Nabel über den Rücken bis hin zu den Handgelenken. Auf seiner Brust waren noch immer die Abdrücke der Fingerknöchel zu sehen, wo er geschlagen worden war, so sein entsetzter Partner Brown. Später erzählten weitere Informanten, man habe den schwulen Senioren minutenlang um Hilfe schreien hören. Ein Arzt erklärte, Glynn habe einen stark verängstigten und verstörten Eindruck gemacht.

Keine Entschädigungszahlung bis heute

Brown verklagte daraufhin die Gemeinde, die das Heim beaufsichtigt – schlussendlich bot die Verwaltung Brown vor zwei Jahren eine Entschädigung von umgerechnet rund 35.000 Euro an. Bezahlt wurde die Summe bis heute nicht. Gegenüber dem Guardian erzählte Brown jetzt auch über die homophoben Mitarbeiter, die sich bis zuletzt geweigert hatten, ihn und seinen Mann als Partner anzuerkennen, und das, obwohl die beiden schwulen Männer sogar rechtlich verpartnert waren.

Für das Pflegeheim indes handelte es sich um „Vater und Sohn“, was angesichts der unterschiedlichen Hautfarbe der beiden Männer und eines Altersunterschieds von knapp sieben Jahren gar keinen Sinn ergab. Ein Sprecher der Future Care Group, dem Eigentümer von Albany Lodge, erklärte abschließend, dass die Gesundheit und das Wohlergehen der Bewohner immer „oberste Priorität“ hätten.

Neue Versteckspiele im Alter?

Noel Glynn und Ted Brown waren rund 50 Jahre ein Paar, sie lernten sich 1972 bei der allersten Gay-Pride in London kennen und verliebten sich ineinander. Beide hatten den ersten Pride auch mitorganisiert und engagierten sich viele Jahre in und für die Community. „Wir haben dafür gekämpft, die Rechte zu bekommen, die wir jetzt haben. Und wenn wir älter werden, müssen wir mit der erschreckenden Realität leben, dass wir uns wieder verstecken und unsere Homosexualität verheimlichen müssen, wenn wir in ein Pflegeheim gehen“, so Brown gegenüber dem Guardian.

Eine britische Umfrage aus dem Jahr 2021 ergab, dass ältere homosexuelle Menschen in alarmierendem Maße von Armut, Diskriminierung, Gesundheitsrisiken und Missbrauch betroffen sind, aber die meisten von ihnen berichten nicht darüber, weil sie Angst vor Vergeltungsmaßnahmen haben oder keine Hoffnung mehr hegen, dass überhaupt etwas getan wird, um ihnen zu helfen.

Anzeige
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Queere Jugendliche in Flandern

Suche nach sicheren Räumen

Im ländlichen Belgien ist es für viele queere Jugendliche schwer, Gleichgesinnte zu treffen. Immer mehr Betroffene gründen daher eigene Gruppen.
Queerer Rugbyclub

Besonderes Jubiläum in England

In England feiert ein LGBTIQ+-Rugbyclub zehnjähriges Bestehen und setzt damit ein besonderes Zeichen für mehr queere Sichtbarkeit im „Männersport“.
Gefährliche Jugendzeit

Kindeswohlgefährdungen nehmen zu

Kindeswohlgefährdungen haben in Deutschland erneut stark zugenommen, insbesondere davon betroffen sind LGBTIQ+-Jugendliche.
Mord in Hollywood

Harry und Sally-Regisseur und Frau

Regisseur Rob Reiner und seine Ehefrau Michele Singer wurden ermordet – beide unterstützten tatkräftig Schwule und Lesben. Tatverdächtig ist ihr Sohn.
Aktion „I Am Not Propaganda“

Weltweit Proteste gegen Hass-Gesetz

Am vergangenen Wochenende demonstrierten vor zahlreichen Botschaften aus Kasachstan Menschen gegen das geplante Anti-LGBTIQ+-Gesetz im Land.
Proteste in Budapest

Kritik an Ministerpräsident Orbán

Ein Skandal erschüttert Ungarn: Über 50.000 Menschen forderten am Wochenende den Rücktritt von Ministerpräsident Viktor Orbán.
Nouripour kritisiert FIFA

Debatte um Pride-Spiel 2026

Bundestags-Vizepräsident Nouripour kritisierte die FIFA und sagte zum Pride-Spiel 2026 zwischen Iran und Ägypten: Die „Mullahs“ müssten das aushalten.
Strafe, weil er CSD zuließ?

Anklage gegen Gergely Karácsony

Der Bürgermeister von Budapest sieht sich mit strafrechtlichen Ermittlungen konfrontiert, weil er die Pride-Parade im Juni 2025 ermöglicht hat.
Vorurteile im Kampf gegen HIV

Religiöser Hass in Uganda

Christliche Kirchen verhindern aus Homophobie in Uganda die Unterstützung von Menschen mit HIV, wie die jüngste UNAIDS-Studie belegt.