Zwangsouting an der Schule Willkür, Homophobie, Aktionismus und Angst an Floridas Schulen
Es geht immer noch ein wenig schlimmer – frei nach der Maxime agieren derzeit die einzelnen Schulbezirke im US-Bundesstaat Florida und versuchen, mit immer neuen Richtlinien bestmöglich das LGBTI*-Verbot des Gouverneurs (Don´t Say Gay-Gesetz) umzusetzen. Bei den einen mag es dabei eine Weiterführung ihrer eigenen, homophoben Weltsicht sein, bei den anderen überwiegt oftmals auch schlicht die Angst, anderenfalls von einer Klagewelle von Seiten der Eltern überrollt zu werden.
Das berüchtigte Gesetz verbietet seit Juli alle Themen rund um LGBTI* an Schulen – im Fokus dabei vor allem, aber nicht nur, Grundschulen. Wie so oft lässt die Richtlinie auch in diesem Fall viel Spielraum für Interpretationen, was homophobe und streng konservative sowie religiöse Eltern beflügeln dürfte und ganz im Sinne des Erfinders, Floridas Gouverneur und baldiger Möchtegern-Präsident Ron DeSantis ist. In einigen Schulbezirken ist es seitdem beispielsweise auch verboten, die Klassenzimmer künftig noch sowohl mündlich wie auch via informativen Stickern zu Safe Spaces für LGBTI*-Kinder zu erklären – eine bis dato gängige Praxis, um Ängste unter den Schülern abzubauen. Anderenorts ist den Lehrern untersagt, regenbogenfarbene oder bunte Kleidung zu tragen, die an das sechsfarbige Symbol der Pride-Bewegung erinnern könnten. Homosexuelle Lehrer dürfen zudem mit keinem Wort über ihre mögliche Beziehung sprechen oder auch nur ein Bild des Partners auf den Schreibtisch stellen.
Der Schulbezirk Sarasota County setzt diesem Irrsinn jetzt noch eins drauf: Die neue Richtlinie verlangt von den Lehrern, dass sie alle Schüler, die vermeintlich oder durch Selbstauskunft homosexuell oder queer sein könnten, sofort bei den Eltern und der Schulverwaltung melden müssen. Die Regelung gilt dabei ausdrücklich auch für Vertrauenslehrer, was die Stellung an sich obsolet machen dürfte. Immer mehr Lehrer zeigen sich offen verzweifelt ob all der neuen, homophoben Regeln im einstmals so liberalen Florida. Die letzte Hoffnung ruht aktuell auf einer Reihe von Klagen, die mehrere Menschenrechtsorganisationen und über ein Dutzend Generalstaatsanwälte anderer Bundesstaaten anstreben, um das, aus ihrer Sicht eindeutig verfassungswidrige Gesetz verbieten zu lassen. Ob es überhaupt zu einem Prozess kommt und selbst wenn, wann, ist indes noch vollkommen unklar. So lange greifen die Richtlinien, die in einer Mischung aus Willkür, Homophobie und vorauseilendem Aktionismus gepaart mit viel Angst unbeirrt umgesetzt werden. Eine Lehrerin riet daraufhin im Schulbezirk Sarasota County ihren Schülern ganz direkt, sich bitte nicht mehr vor ihr zu outen, da sie diese anschließend ansonsten melden müsste: "Ich möchte nicht jeden Abend nach Hause kommen und wissen, dass ich vielleicht dazu beigetragen habe, dass einem meiner Schüler ein Schaden zugefügt wurde.“