Zu wenig Impfstoff! „Es ist eine Schande, dass die Mittel für Prävention und Aufklärung gekürzt werden sollen.“
Noch immer warten viele schwule und bisexuelle Männer auf ihren Impftermin beziehungsweise die Möglichkeit, sich gegen die Affenpocken impfen zu lassen. Nachdem die Bundesregierung noch im Sommer angekündigt hatte, weitere 200.000 Einheiten bis Ende September anbieten zu können, stellt sich die aktuelle Lage jetzt Mitte Oktober anders da. Nach Angaben von Sabine Dittmar, der Parlamentarischen Staatssekretärin des Gesundheitsministeriums, wurden bisher Ende September Anfang Oktober gerade einmal die Hälfte, rund 110.000 Impfstoffdosen an die Bundesländer ausgeliefert, weitere 36.000 Impfstoffeinheiten des Impfstoffes JYNNEOS waren für diese beziehungsweise letzte Woche avisiert. Dittmar dazu weiter: „Die noch ausstehenden weiteren Impfstoffdosen der nationalen Beschaffung sollen in den nächsten Wochen geliefert werden, einen konkreten Termin hat der Hersteller noch nicht genannt.“
Offensichtlich hält die Bundesregierung dabei auch an der bestellten Gesamtmenge von 261.000 Impfdosen fest, auch wenn Fachverbände wie die Deutsche Aidshilfe seit Wochen insgesamt mindestens eine Million Impfeinheiten fordern. Das Gesundheitsministerium verweist dabei auf die Ständige Impfkommission (STIKO) sowie auf Schätzungen des Robert-Koch-Instituts (RKI), demnach nur 130.000 Menschen in Deutschland eine Indikation für eine Impfung gegen Affenpocken aufweisen – LGBTI*-Verbände erklärten bereits mehrfach, dass die Menge nicht ausreichend ist, um die Verbreitung der Affenpocken nach wie vor hauptsächlich unter schwulen und bisexuellen Männern dauerhaft zu stoppen. Dieser Einschätzung schließt sich inhaltlich jetzt auch die queer-politische Sprecherin der Linken, Kathrin Vogler an: "Die Antwort aus dem Bundesgesundheitsministerium lässt aufhorchen. Die gute Nachricht für die Hauptbetroffenengruppe der bisexuellen und schwulen Männer ist, dass in den nächsten Wochen sukzessive mehr Impfstoff zur Verfügung stehen wird. Die schlechte Nachricht ist jedoch, dass es wohl zu wenig Impfstoff für alle gibt. Denn das Bundesgesundheitsministerium stützt sich bei den georderten Liefermengen auf die deutlich geringere Schätzung des Robert Koch Instituts von 130.000 Personen mit Indikation für die Impfung und beschafft 261.000 Impfdosen statt die von der Deutschen Aidshilfe geforderten eine Million Impfdosen, deren Schätzung sich auf die wissenschaftliche Erhebung der EMIS-Studie aus dem Jahr 2017 stützt.“
Ein Fehler mit Folgen, wie Vogler weiter erklärt: „Bisexuelle und schwule Männer mit wechselnden Sexualpartnern stehen so bei wieder ansteigenden Fallzahlen im Regen. Zudem ist wissenschaftlich noch unklar, ob es nicht zukünftig schlimmere Krankheitsverläufe geben kann. Dies ist erschreckend. Ich fordere Karl Lauterbach dazu auf, mit Betroffenenorganisationen, wie der Deutschen Aidshilfe, enger zusammenzuarbeiten und die Aufklärungsarbeit zu MPX zu intensivieren, sowie deutlich mehr Impfstoff zu bestellen. Vor diesem Hintergrund ist es eine Schande, dass die Mittel für Prävention und Aufklärung zu sexuell übertragbaren Erkrankungen im Haushalt 2023 gekürzt werden sollen. Zudem gilt generell nicht nur als Lehre aus der COVID-19-Pandemie: Die Impfstoffproduktion muss diversifiziert werden und die Staaten des Südens müssen deutlich mehr unterstützt werden." Aktuell verzeichnet das RKI über 3.650 Fälle von Affenpocken in der Bundesrepublik.