Zu viel “Getue“ um den Pride? Die ewige Frage: Wie schrill und bunt darf es sein?
Während in vielen großen Städten von München über Hamburg bis nach Berlin in diesem Sommer ganze Pride-Wochen gefeiert wurden, stößt die Idee einer ganzen Woche im Zeichen des Pride im österreichischen Salzburg teilweise auf Ablehnung und Befremden. In der Mozartstadt an der Salzach äußern sich im Vorfeld der Pride Woche ab dem 29. August viele Einwohner negativ über die Feierlichkeiten: „Das ist zu viel Getue, um so eine kleine Gruppe. Die sind doch schon gleichgestellt, wozu solche Aktionen?“, so eine der kritischen Stimmen.
Was die einen stört, freut die anderen – denn genau um diese verstärkte Sichtbarkeit geht es dem Organisationsteam des Salzburger Prides, dessen Motto so auch lautet: “Be Visible, Schatzi“. Mehr als dreißig unterschiedliche Veranstaltungen haben die Pride-Macher in die Woche bis zum 04. September gepackt. Zudem zeigen viele Unternehmen Flagge und hissen an ihren Gebäuden die Regenbogenfahnen und in der Stadt selbst lädt ein Regenbogenzebrastreifen vor einer Mittelschule zum überque(e)ren ein, auch wenn dieser bereits einen Tag nach der offiziellen Freigabe von Vandalen erstmals beschmiert worden war.
Die HOSI Salzburg (Homosexuellen Initiative Salzburg) will die Kritik nicht gelten lassen und lädt stattdessen alle ein, mitzumachen: „Denn wir machen keinen Unterschied. Sei dabei, wie auch immer du bist: Egal ob Lesbisch, Bi, Schwul, Transgender, Inter, Non Binary, Genderfluid, Asex, Drag, als Puppy, in Leder, Rubber, Uniform, Latex, Sissy, ABDL, Tracht oder einem sonstigen Fetisch. So wie du bist, bist du einzigartig und ein wichtiger Teil unserer LGBTI*-Community! Zeig’, dass du für eine offene und bunte Gesellschaft stehst, in der Diskriminierung keinen Platz hat.“ Dabei ist es der HOSI wichtig, gerade mit dieser Woche das Bild von der LGBTI*-Community in der Gesellschaft ein Stück weit “zurechtzurücken“, so Conny Felice gegenüber Salzburg24: „Das Bild, das die Allgemeinheit von der queeren Community hat, ist eher schrill, laut und bunt. Dass jeder von uns abseits von Paraden und Events ganz normal seinen Alltag bestreitet, vergessen viele.“
Die Diskussionen ähneln den Debatten, die oftmals auch in Deutschland Jahr für Jahr geführt werden: Wie schrill, wie bunt darf die LGBTI*-Community sein? In Österreich wird diese Frage noch einmal mit mehr Nachdruck geführt, denn viele Bürger gerade auch in Salzburg treten generell gerne dezenter und gesitteter auf – die große Show ist oftmals nicht ihre Sache, sieht man einmal von vereinzelten Ausnahmen wie den Pride-Feierlichkeiten in Wien ab. „So stößt schrill aber auch auf Ablehnung und es gibt bestimmt genug queere Personen, die sich davon auch nicht vertreten fühlen. Immerhin leben wir alle abseits der Pride-Week unser ganz normales alltägliches Leben, arbeiten in ganz normalen Jobs. Manche von uns möchten aber auch mal ihre bunte und schrille Seite zeigen. Die HOSI als Vertretung der queeren Community muss sich hin zur Gesellschaft öffnen. Wir möchten für jeden eine offene Tür haben, aber dieses schrille Bild hindert bestimmt viele daran, zu uns zu kommen“, so Felice weiter. Wichtig sei zudem, mehr auf die Probleme für LGBTI*-Menschen in Österreich hinzuweisen – noch immer gibt es kein flächendeckendes Diskriminierungsverbot in der Dienstleistungsbranche, ebenso wenig ein flächendeckendes Verbot von Konversionstherapien. Auch die Gewalt gegenüber LGBTI*-Menschen in Österreich ist binnen eines Jahres rapide angestiegen und das Thema selbst wird nach wie vor so gut wie gar nicht an Schulen behandelt. Niemand solle sich in Zukunft noch verstecken müssen, so das Pride-Team in seiner Kernforderung.