Weitreichendes Gerichtsurteil Die ILGA betont Auswirkungen für viele Firmen in der EU
In Deutschland muss die Deutsche Bahn seit 2023 nach einer Klage vor Gericht ihren Kunden im Online-Ticket-System nebst der Ansprache als „Herr“ oder Frau“ eine dritte Option für nicht-binäre und queere Menschen anbieten. Ähnlich entschied jetzt in Frankreich der Verwaltungsgerichtshof Conseil d’État: Die staatliche Eisenbahngesellschaft SNCF muss online ebenso nachrüsten. Ein wegweisendes Urteil für Europa.
Wegfall aller Anreden?
Die Entscheidung folgt einem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) aus diesem Jahr, geklagt hatte die LGBTIQ+-Rechtsorganisation Mousse Association. Dabei stellte das französische Verwaltungsgericht nun allerdings fest, dass unter Einbeziehung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) die Ergebung einer Ansprache gar nicht zwingend nötig ist. Kurzum: Die SNCF stand daher jetzt vor der Wahl, entweder wie in Deutschland eine dritte oder neutrale Option der Anrede einzuführen oder die Erhebung von Titeln ganz einzustellen beziehungsweise die Angabe solcher Daten optional zu machen.
ILGA betont Sieg der Community
Das Urteil dürfte nach Einschätzung der ILGA Europe Auswirkungen auf alle öffentlichen und privaten Organisationen haben, die in der Europäischen Union unter der DSGVO tätig sind – sie alle müssen sich damit an den Grundsatz halten, auch in Deutschland. Marie-Helene Ludwig, Senior Strategic Litigation Officer bei ILGA-Europe, begrüßte das Urteil und erklärte: „Es ist ein Sieg, dass das Unternehmen bereits nachgekommen ist und seine unnötige Datenerhebung eingestellt hat. Wir hoffen, dass auch andere Unternehmen und öffentliche Einrichtungen dem Urteil des EuGH nachkommen und inklusive Dienstleistungen für nicht-binäre und transsexuelle Menschen anbieten werden, die in ihrem Alltag gezwungen sind, falsche Geschlechtsangaben zu machen.“