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Verfassungsschutzbericht 2024
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Verfassungsschutzbericht 2024 „Besorgniserregende Entwicklung“ bei Attacken auf CSDs

ms - 10.06.2025 - 11:30 Uhr
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Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) stellte heute Mittag den neuen Verfassungsschutzbericht 2024 vor. Dabei betonte Dobrindt, dass es inzwischen täglich zu Angriffen komme, man verzeichne eine Steigerung der Angriffe sowohl auf der Straße wie auch online. „Wir rüsten uns gegen die steigende Bedrohung“, so Dobrindt weiter. Es bedürfe jetzt einer „klaren und harten Antwort der Politik“. 

Extremisten und Islamisten

Deutlich angestiegen um rund ein Fünftel ist das Gefahrenpotenzial von Rechtsextremisten, binnen von zehn Jahren hat sich das sogenannte „rechtsextremistische Personenpotenzial“ verdoppelt auf erstmals über 50.200 Rechtsextremisten, davon über 15.300 stark gewaltbereit. Dobrindt sprach von einem „dramatischen Befund“; insgesamt kam es zu rund 38.000 Straftaten von rechtsextremer Seite. 

Bei den Linksextremisten wurde ein Anstieg auf rund 38.000 Menschen verzeichnet, rund 11.200 davon gewaltbereit. Linksextremisten verübten „nahezu täglich“ Straf- und Gewalttaten, wobei linksextremistische Gewalt eine hohe Brutalität verbunden mit einer „äußerst gezielten und professionellen Umsetzung“ aufweise. In puncto Islamismus sei die Gefährdung „anhaltend hoch“, im Zentrum steht der Islamische Staat (IS). Hier wurden 2024 insgesamt rund 28.200 Personen verzeichnet, rund 9.500 Menschen davon gewaltbereit. Immer stärker spielen hierbei minderjährige Täter eine Rolle. 

Rechtsextreme Angriffe auf die Community 

Eine „besorgniserregende Entwicklung“ seien dabei Angriffe auf queere Menschen, seit Juni 2024 insbesondere bei CSDs. Es sei dabei bundesweit zu rechtsextremistischen Störaktionen gekommen, insbesondere in Sachsen und Sachsen-Anhalt. Im Hintergrund agieren dabei verstärkt gewaltorientierte rechtextremistische Online-Gruppen, so der Verfassungsschutzbericht. Vor allem verstärkt junge Neonazis seien hier in Erscheinung getreten. 

Im Verfassungsbericht wird so weiter festgehalten: „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit bildet einen grundlegenden Bestandteil rechtsextremistischer Ideologie und Agitation. Auf Basis ihrer Weltanschauung lehnen Rechtsextremisten Diversität im Hinblick auf sexuelle Orientierung sowie entsprechende Partnerschafts- und Familienmodelle größtenteils ab. Sie sehen Heterosexualität und die Vorstellung einer damit verbundenen ´traditionellen Kernfamilie´ als alternativlos und biologisch ´natürlich´ an.“ Rechtsextremisten versuchten dabei, das Thema ideologisch zu besetzen und sprechen beispielsweise so vom drohenden „Volkstod“ durch homosexuelle Partnerschaften. Mit diversen Aktionen wie unter anderem der Einführung des „Stolzmonats“ wolle man dabei eine „patriotische Gegenbewegung“ aufbauen – wenngleich auch sehr erfolglos, so der Verfassungsschutzbericht weiter. Die Anwerbung von LGBTIQ+-feindlichen jungen Menschen finde dabei zumeist online statt. 

Mordaufrufe von Islamisten

Ähnlich die Lage beim Islamismus, auch hier werden Jugendliche durch soziale Medien angeworben und radikalisiert, die Ablehnung von LGBTIQ+-Menschen sei dabei von „wachsender Bedeutung“. Und weiter: „Die Forderung nach Toleranz gegenüber sexueller und geschlechtlicher Vielfalt wird als quasikolonialistischer Export aus dem Westen interpretiert, der das Ziel der Zerstörung der islamischen Gemeinschaft verfolge. Gegen die LSBTIQ-Gemeinschaft gerichtete Äußerungen sind im Islamismus weit verbreitet und scheinen aktuell – in Wechselwirkung zu der hohen öffentlichen Aufmerksamkeit für das Thema – noch einmal an Bedeutung zu gewinnen.“ 

Vor allem Homosexuelle stehen online im Fokus der Attacken, hier rechtfertigt man die Tötung von Schwulen und Lesben und fordert „göttliche Bestrafung“. Zudem wird dazu aufgerufen, Anschlage auf LGBTIQ+-Events durchzuführen. „Es ist davon auszugehen, dass islamistische Internetpropaganda gegen Menschen mit anderen geschlechtlichen und sexuellen Identitäten in Deutschland zu Gewalt bis hin zu terroristischen Anschlägen führen“, so der Verfassungsschutzbericht. 

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