Direkt zum Inhalt
Vatikan erlaubt Homo-Segnungen

Vatikan erlaubt Homo-Segnungen Papst Franziskus hat den Weg frei gemacht für Segnungen von schwul-lesbischen Paaren

ms - 18.12.2023 - 15:10 Uhr
Loading audio player...

Kaum zu glauben, aber wahr: Papst Franziskus hat den Weg frei gemacht für die Segnung von homosexuellen Paaren in der römisch-katholischen Kirche. Seit Monaten war darüber heftig gestritten worden zwischen den Vertretern der Kirche in Deutschland und dem Vatikan – eine Mehrheit der deutschen Bischöfe hatte sich schlussendlich für eine Segnung von Schwulen und Lesben bis 2026 ausgesprochen, der Vatikan hatte indes immer wieder zu Gehorsam aufgerufen.

Segnung von Schwulen und Lesben

Nun offenbar die inhaltlich Kehrtwende: In einer Grundsatzerklärung ließ Papst Franziskus festhalten, dass er sich unter bestimmten Bedingungen für die Segnung von Homosexuellen sowie auch von unverheirateten Paaren ausspricht. Die Kernrichtlinie besagt dabei allerdings, dass eine Verwechslung mit einer Eheschließung strikt ausgeschlossen werden müsse, das Sakrament der Ehe bleibe weiterhin nur für heterosexuelle Paare vorbestimmt.

Zudem darf ein katholischer Geistlicher den Segen nicht im Rahmen eines Gottesdienstes erteilen, wie der Papst im Dokument „Fiducia supplicans“ (Das flehende Vertrauen) festhalten ließ. Die Erklärung wurde heute in mehreren Sprachen veröffentlicht und trägt die Unterschrift des Präfekten der Glaubensbehörde, Kardinal Victor Fernandez – sie wurde von Papst Franziskus ausdrücklich genehmigt. Die Erlaubnis zur Segnung von Homosexuellen tritt ab sofort in Kraft.

Minimaler Konsens – doch ein großer Schritt für die Kirche

Fernandez betont dabei in dem Text, dass die Kirche ihr Verständnis von dem, was ein Segen ist, im „Licht der seelsorgerischen Ideale“ von Papst Franziskus „erweitert und angereichert“ habe. Mit diesem neuen Verständnis sei es nun auch machbar, „Paare in regelwidrigen Situationen und Paare desselben Geschlechts zu segnen, ohne damit ihren Status offiziell zu bestätigen oder die seit jeher gültige Lehre der Kirche über die Ehe in irgendeiner Weise zu ändern.“

Es ist einmal mehr ein minimales Zugeständnis, ähnlich wie dies am vergangenen Sonntag erstmals auch die Kirche von England vollzogen hat, doch für die katholischen Kirchenvertreter selbst entspricht dieser Schritt einer großen Reform. Bis zuletzt hatten auch in Deutschland einige hohe Geistliche wie Kardinal Rainer Maria Woelki aus Köln immer wieder versucht, jedwede Segnungsversuche zu unterbinden. Auch beim ersten Teil der Weltsynode in diesem Jahr schienen die Fronten noch verhärtet zu sein. 

Lehmann begrüßt überfälligen Schritt

In einer ersten Stellungnahme erklärte der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann via X: „Das ist ein wichtiger und überfälliger Schritt des Vatikan! Es gibt keine Liebe erster und zweiter Klasse. Es gibt nur Liebe. Danke an die vielen engagierten Menschen in der Katholischen Kirche, die sich dafür seit vielen, vielen Jahren einsetzen!“

Zudem betonte Lehmann weiter: „In vielen Ländern werden LSBTIQ* im Namen der Religion brutal verfolgt. Auch die katholische Kirche spielt etwa in Ghana oder Uganda nach wie vor eine unrühmliche Rolle. Sie feuert dort den Hass an und begrüßt sogar Verschärfungen strafrechtlicher Verfolgung. In unserem Nachbarland Polen haben polnische Bischöfe sogenannte LSBTIQ*-freie Zonen vorangetrieben. Daher ist es umso wichtiger, dass der Papst als Oberhaupt der Kirche nun unter gewissen Voraussetzungen die Segnung homosexueller Paare erlaubt und sich damit auch gegen die Kriminalisierung und Bestrafung gleichgeschlechtlicher Liebe stellt. Damit erhalten auch in Deutschland alldiejenigen Rückendeckung, die gleichgeschlechtliche Paare segnen wollen. Eine kirchliche Unterscheidung in ´reguläre´ und ´irreguläre´ Partnerschaften, wie sie der Vatikan vornimmt, ist aber weiterhin diskriminierend.“

Entscheidung ist laut FDP „nichts Ganzes und nichts Halbes“

Jürgen Lenders, der queer-politische Sprecher der FDP, erklärt: „Dass der Vatikan zukünftig Segnungen von unverheirateten und gleichgeschlechtlichen Paaren erlaubt, werte ich als positiv, es ist ein Schritt in die richtige Richtung. In der katholischen Kirche bewegt sich etwas. Aber, der Weg ist noch lang. Denn die Segnungen sind an Bedingungen geknüpft, die den Beschluss als nichts Ganzes und nichts Halbes erscheinen lassen. So darf der Segen nicht im Rahmen eines Gottesdienstes erteilt werden. Was bei Tieren und Fahrzeugen schon lange möglich ist, bleibt unverheirateten und homosexuellen Paaren weiter verwehrt. Diese Menschen sind weiter nicht richtig akzeptiert in der katholischen Kirche. Ich bin jedoch sehr froh darüber, dass auch heute schon in vielen Gemeinden Segensfeiern praktiziert werden."

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Neue Richtlinien beim Dating

Großbritannien verschärft Regeln

Wer ab heute in Großbritannien eine schwule Dating-App öffnen will, braucht eine Altersverifikation - auch als Tourist. Ein Vorbild für Deutschland?
Ende der Antidiskriminierung

Queere Petition als letzte Rettung?

Die EU hat das geplante Antidiskriminierungsgesetz ad acta gelegt, Kritiker befürchten massive Einschnitte, queere Vereine fordern nun ein Umdenken.
Ermittlung gegen Bürgermeister

Vorgehen nach Budapest Pride

Ungarn macht ernst: Budapests Bürgermeister Gergely Karacsony muss kommende Woche zum Polizeiverhör erscheinen, weil er den CSD möglich machte.
Regenbogen über dem Bundesrat

Pride-Flagge wird zum CSD gehisst

Der Streit geht weiter: Der Bundesrat wird zum Berliner CSD die Regenbogenfahne hissen - anders als am Bundestag.
Freiheit für Hernández Romero

125 Tage im Foltergefängnis

Der schwule Maskenbildner Andry Hernández Romero ist frei! Die USA hatte ihn zuvor ohne Prozess in ein Foltergefängnis nach El Salvador abgeschoben.
Peter Schmidt ist tot

Hamburger Designer von Weltruf

Das lila Design von Milka oder ikonische Parfümflakons: In seiner Wahlheimat Hamburg verstarb der schwule Star-Designer Peter Schmidt mit 87 Jahren.
Besserer Schutz im Club

Awareness-Konzept in Wien

40 % der Wiener fühlen sich unsicher beim Clubbing, gerade auch queere Menschen. Ab 2026 wird ein Awareness-Konzept bei Events deswegen zur Pflicht.
Urteil mit großer Bedeutung

Präzedenzfall für US-Queers?

Ein Gericht in Kanada setzte vorerst die Ausweisung eines queeren US-Bürgers aus. Begründung: In den USA könnte es nicht mehr sicher für LGBTIQ* sein.
Hass-Kampagne in der Türkei

Perfide Umfrage in der Bevölkerung

Die Türkei geht mit immer extremeren Mitteln gegen die Community vor, jetzt soll eine perfide Befragung der Bevölkerung den Hass auf LGBTIQ+ befeuern.