Umdenken in Malaysia? Premierminister wünscht sich "gewisse Toleranz" gegenüber Schwulen im Land
Malaysia hat in puncto Homosexuellen-Rechte in diesem Jahr bisher nur negative Schlagzeilen fabriziert – zuerst ging die Regierung gegen eine Schweizer Uhrenfirma vor, weil diese Uhren in Regenbogenfarben verkaufen wollte, dann kam es im Juli zum Eklat beim Musikfestival Good Vibes, das abrupt abgebrochen worden war, nachdem der Sänger der britischen Indie-Rock-Band „The 1975“, Matty Healy, als Protest gegen die schwulenfeindlichen Gesetze des Landes seinen Bassisten Ross MacDonald innig auf der Bühne küsste – das Video davon ging viral.
„Perverser Lebensstil“ wird nicht geduldet
Und in der Tat geht die Regierung nach wie vor mit aller Härte gegen Homosexuelle vor, erst vor wenigen Wochen wurden acht Schwule verhaftet, weil sie vor einem Einkaufszentrum in Kuala Lumpur für mehr Rechte demonstriert hatten. In Malaysia wird Homosexualität in beiden angewandten Rechtssystemen (Zivilrecht und das islamische Strafrecht, die Scharia) schwer bestraft – es drohen Stockschläge und Haftstrafen von bis zu zwanzig Jahren.
Noch im Sommer dieses Jahres hatte das Büro des malaysischen Premierministers für religiöse Angelegenheiten zudem erklärt, jeder Versuch, diesen „perversen Lebensstil“ zu fördern und zu normalisieren, sei inakzeptabel und man werde alles tun, um dies zu verhindern. Homosexualität widerspreche dabei der menschlichen Natur.
Zaghaftes Umdenken?
Nun deutet sich zaghaft ein erstes Umdenken an, fraglich allerdings, ob dies tatsächlich auf einem echten Sinneswandel beruht oder doch eher der Tatsache geschuldet ist, dass das Land in den letzten Monaten massiv international politisch und medial in der Kritik stand – kein Aushängeschild für ein Land, das zu den zehn meistbesuchten Urlaubszielen in Südost-Asien gehört.
Gegenüber CNN erklärte Premierminister Anwar Ibrahim nun allerdings, dass er die Belästigungen und Schikanen von homosexuellen Menschen nicht billige. Auch zeigte er sich nicht einverstanden mit allen Aktionen, die zuletzt für so viel Aufsehen gesorgt hatten, beispielsweise die Razzia in den Geschäften des Uhrenherstellers Swatch.
Keine Zurschaustellung von Homosexualität
Allerdings stellte Ibrahim einen Atemzug später trotzdem klar, dass sich sowohl Muslime wie auch Nicht-Muslime in Malaysia einig darin wären, dass es nicht toleriert werden könne, wenn Homosexualität offen ausgelebt werde. Einmal mehr agiert Ibrahim damit vorsichtig, was auch auf seine eigene Vita zurückzuführen ist. 1998 wurde er als damaliger Finanzminister entlassen und ein Jahr später wegen Korruption zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Um seinen Ruf gänzlich zu vernichten, wurde er im Jahr 2000 dann in zwei Scheinprozessen inklusive zahlreicher Falschaussagen wegen einer angeblichen homosexuellen Beziehung zu seinem damaligen Chauffeur zu weiteren neun Jahren verurteilt. Vier Jahre später hob der Oberste Gerichtshof des Landes die Urteile auf.
2008 wurden allerdings erneut Gerüchte um eine vermeintliche Homosexualität laut, als ihn ein junger Mitarbeiter aufgrund „unzulässiger homosexueller Belästigung“ angezeigt hatte. Zu einem Prozess kam es nicht, Ibrahim bestritt alle Vorwürfe und sprach von einem Komplott. Der heute 76-Jährige ist seit 1980 mit einer Ärztin verheiratet.
Eine „gewisse Toleranz“ für Homosexuelle
Seine persönlichen Erlebnisse sind auch der Grund, warum sich der Politiker immer mal wieder gegen die sogenannten Sodomie-Gesetze des Landes ausspricht und auch im Interview mit CNN andeutet, die Richtlinien so anpassen zu wollen, dass sie nicht aus politischen Grünen missbraucht werden können und auch nicht homosexuelle Menschen damit im privaten Bereich schikaniert werden können. Es müsse hier eine „gewisse Toleranz“ geben, so Ibrahim, der in Malaysia selbst immer wieder enormen Widerstand gegen eine solche Reform erfährt – die muslimischen Geistlichen im Land lehnen jedwede Verbesserung der Lage für Homosexuelle strikt ab.