Direkt zum Inhalt
Syphilis auf dem Vormarsch

Syphilis auf dem Vormarsch Anstieg um mehr als 23 Prozent binnen eines Jahres - zumeist betroffen sind schwule Männer

ms - 05.03.2024 - 10:00 Uhr
Loading audio player...

Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat jetzt konkrete Zahlen und weitere Details zu der Entwicklung der Syphilis-Fälle in Deutschland veröffentlicht – demnach sind die Fallzahlen zuletzt binnen eines Jahres um 23,1 Prozent angestiegen. Das entspricht 8.305 gemeldeten Fällen im Jahr 2022. Noch nie zuvor wurden in der Bundesrepublik so viele Syphilis-Erkrankungen gemeldet.

Dunkelziffer deutlich höher

Die Dunkelziffer dürfte dabei noch einmal deutlich höher sein, auch deswegen, weil die Infektion oft über einen sehr langen Zeitraum unentdeckt bleiben kann. Grundsätzlich verläuft die bakterielle Erkrankung in drei Stadien, die schlussendlich unbehandelt tödlich sein kann, sich allerdings gut mit Antibiotika heilen lässt. Wiederholte Infektionen sind dabei gleichwohl jederzeit möglich.

Epizentren Berlin und Hamburg

In den Corona-Jahren 2020 und 2021 waren die Fälle leicht rückläufig, stiegen nun aber mit dem Jahr 2022 massiv weiter an – ein erneuter Anstieg wird auch für 2023 erwartet. Die Regenbogenhauptstadt Berlin ist dabei inzwischen unangefochten das Epizentrum, wenn es um Geschlechtskrankheiten geht, insbesondere bei Syphilis. Besonders betroffen sind dabei die Bezirke Mitte, Neukölln, Friedrichshain-Kreuzberg sowie Charlottenburg-Wilmersdorf.

Allein in Berlin wurden so im Jahr 2022 insgesamt 1.523 Fälle registriert, das entspricht fast jedem fünften Syphilis-Fall (rund 18 Prozent) in ganz Deutschland. Ebenso weit überdurchschnittlich wurden ansonsten nur in Hamburg viele Erkrankungen mit dem Bakterium gemeldet. Blickt man auf die Entwicklung der Inzidenz selbst, gerät Bayern noch in den Fokus – hier ist ein Anstieg der Fallzahlen binnen eines Jahres um fast 53 Prozent festgehalten worden. Mit Blick auf weitere Brennpunkte nach Berlin und Hamburg sind noch Köln, München, Frankfurt am Main sowie Düsseldorf zu nennen.

86 Prozent der Syphilis-Fälle betreffen Schwule

Im Brennpunkt bei der Entwicklung von Syphilis stehen dabei schwule und bisexuelle Männer (MSM). Das Robert-Koch-Institut hält dazu weiter fest: „Berlin weist eine vergleichsweise hohe Anzahl von Orten auf, an denen sexuelle Kontakte zwischen MSM angebahnt werden können und die von MSM aus dem nationalen wie internationalen Kontext frequentiert werden. Dies spiegelt sich in der im deutschlandweiten Vergleich besonders hohen Syphilis-Inzidenz in den Berliner Innenstadtbezirken wider.“

Fast 95 Prozent der Syphilis-Fälle in Deutschland sind Männer, am häufigsten betroffen sind dabei Schwule und Bisexuelle, sie machen fast 86 Prozent aller Fälle in Deutschland aus. Die höchste Inzidenz wurden bei den 30-39-Jährigen (41,8 Fälle / 100.000 Personen) und in der Altersgruppe der 25-29-Jährigen (37,6 Fälle / 100.000 Personen) verzeichnet. Rund zwei Drittel der Infizierten (66,4 %) waren Deutsche, gefolgt von Menschen aus Brasilien, Polen, Rumänien, Italien, der Türkei sowie Spanien.

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Neue Richtlinien beim Dating

Großbritannien verschärft Regeln

Wer ab heute in Großbritannien eine schwule Dating-App öffnen will, braucht eine Altersverifikation - auch als Tourist. Ein Vorbild für Deutschland?
Ende der Antidiskriminierung

Queere Petition als letzte Rettung?

Die EU hat das geplante Antidiskriminierungsgesetz ad acta gelegt, Kritiker befürchten massive Einschnitte, queere Vereine fordern nun ein Umdenken.
Ermittlung gegen Bürgermeister

Vorgehen nach Budapest Pride

Ungarn macht ernst: Budapests Bürgermeister Gergely Karacsony muss kommende Woche zum Polizeiverhör erscheinen, weil er den CSD möglich machte.
Regenbogen über dem Bundesrat

Pride-Flagge wird zum CSD gehisst

Der Streit geht weiter: Der Bundesrat wird zum Berliner CSD die Regenbogenfahne hissen - anders als am Bundestag.
Freiheit für Hernández Romero

125 Tage im Foltergefängnis

Der schwule Maskenbildner Andry Hernández Romero ist frei! Die USA hatte ihn zuvor ohne Prozess in ein Foltergefängnis nach El Salvador abgeschoben.
Peter Schmidt ist tot

Hamburger Designer von Weltruf

Das lila Design von Milka oder ikonische Parfümflakons: In seiner Wahlheimat Hamburg verstarb der schwule Star-Designer Peter Schmidt mit 87 Jahren.
Besserer Schutz im Club

Awareness-Konzept in Wien

40 % der Wiener fühlen sich unsicher beim Clubbing, gerade auch queere Menschen. Ab 2026 wird ein Awareness-Konzept bei Events deswegen zur Pflicht.
Urteil mit großer Bedeutung

Präzedenzfall für US-Queers?

Ein Gericht in Kanada setzte vorerst die Ausweisung eines queeren US-Bürgers aus. Begründung: In den USA könnte es nicht mehr sicher für LGBTIQ* sein.
Hass-Kampagne in der Türkei

Perfide Umfrage in der Bevölkerung

Die Türkei geht mit immer extremeren Mitteln gegen die Community vor, jetzt soll eine perfide Befragung der Bevölkerung den Hass auf LGBTIQ+ befeuern.