Direkt zum Inhalt
Streit um Puppy-Masken

Streit um Puppy-Masken NRW-Landesregierung pocht auch künftig auf Einzelfallentscheidungen

ms - 27.07.2023 - 13:00 Uhr
Loading audio player...

Pünktlich zur Pride-Saison kommt beinahe jedes Jahr im Sommer wieder die Diskussion um Fetisch-Symbole während Pride-Paraden auf, im Speziellen sorgen dabei immer wieder auch Fetischfreunde von Puppy-Play mit ihren Masken für Debatten.

Zuletzt war es im Juni dieses Jahres beim CSD in Recklinghausen zum dritten Mal zum Eklat gekommen – kurz vor der Demonstration hatte die Polizei den Fetisch-Teilnehmern verboten, mit Hundemasken am Pride mitzulaufen. Das verstoße gegen das Vermummungsverbot. Bereits zweimal zuvor hatte die Polizei in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen Jahren ähnlich entschieden, später erfolgte dann stets die Entschuldigung seitens des zuständigen Innenministeriums sowie der Polizeidienststelle.  

Landesregierung beharrt auf Einzelfallentscheidungen

Die Verbote seien illegal gewesen, so das Ministerium in diesem Jahr weiter, man wolle daher den aktuellen Sachverhalt prüfen, doch grundsätzlich befürworte man Puppy-Teilnehmer bei CSDs. Auf Rückfrage der SPD bewertet die nordrhein-westfälische Landesregierung diesen Fall nun aber offensichtlich ein wenig anders.

So erklärt der Landtag in seiner Stellungnahme: „Ob das Tragen von Masken im Zuge einer Versammlung oder sonstigen öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel gegen das Vermummungsverbot aus § 17 Abs. 1 Nr. 1 VersG NRW verstößt, bedarf stets einer Prüfung im jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung und Würdigung aller Umständen (…) Allgemeingültige Bewertungen von Maskierungen losgelöst von der individuellen Situation vor Ort sind insofern nicht möglich.“ Der Kernaspekt sei dabei immer, mit welchem Zweck Masken getragen würden – geht es dem Maskenträger so um eine verbotene Verschleierung seiner Identität oder doch eher um das Ausleben seines Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit.

Politische Kehrtwende

Inhaltlich vollzieht die schwarz-grüne Landesregierung damit eine Kehrtwende, vor fünf Jahren hatte Innenminister Herbert Reul noch erklärt, dass das Verbot von Puppy-Masken damals beim Ruhr-CSD nicht hätte erfolgen dürfen, denn das Tragen der Fetisch-Masken könne bei einem solchen Anlass „der Meinungsäußerung oder der künstlerischen Verwirklichung zugerechnet werden, was von dem Vermummungsverbot nicht erfasst werde.“

Mit der jüngsten Bekräftigung einer fortlaufenden Einzelfallentscheidung steht zu befürchten, dass es auch in den kommenden Jahren bei Pride-Paraden in Nordrhein-Westfalen erneut zu Komplikationen zwischen Fetisch-Teilnehmern und der Polizei kommen kann. Die SPDqueer aus NRW hatte das mehrfache Maskenverbot in den letzten fünf Jahren im Bundesland als „unfassbaren Einschnitt in die Bürgerrechte“ bezeichnet. Für die SPD seien die Puppy- und Fetisch-Freunde ein Teil der LGBTI*-Community: „Eine Beschneidung ihrer Rechte stellt somit eine krasse Diskriminierung der queeren Community als Ganzes dar. Geschieht sie durch eine staatliche Stelle, so ist dies zudem ein Affront gegenüber unserem demokratischen Rechtssaat“, so der Landesvorsitzende der SPDqueer, Fabian Spies.

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Neue Richtlinien beim Dating

Großbritannien verschärft Regeln

Wer ab heute in Großbritannien eine schwule Dating-App öffnen will, braucht eine Altersverifikation - auch als Tourist. Ein Vorbild für Deutschland?
Ende der Antidiskriminierung

Queere Petition als letzte Rettung?

Die EU hat das geplante Antidiskriminierungsgesetz ad acta gelegt, Kritiker befürchten massive Einschnitte, queere Vereine fordern nun ein Umdenken.
Ermittlung gegen Bürgermeister

Vorgehen nach Budapest Pride

Ungarn macht ernst: Budapests Bürgermeister Gergely Karacsony muss kommende Woche zum Polizeiverhör erscheinen, weil er den CSD möglich machte.
Regenbogen über dem Bundesrat

Pride-Flagge wird zum CSD gehisst

Der Streit geht weiter: Der Bundesrat wird zum Berliner CSD die Regenbogenfahne hissen - anders als am Bundestag.
Freiheit für Hernández Romero

125 Tage im Foltergefängnis

Der schwule Maskenbildner Andry Hernández Romero ist frei! Die USA hatte ihn zuvor ohne Prozess in ein Foltergefängnis nach El Salvador abgeschoben.
Peter Schmidt ist tot

Hamburger Designer von Weltruf

Das lila Design von Milka oder ikonische Parfümflakons: In seiner Wahlheimat Hamburg verstarb der schwule Star-Designer Peter Schmidt mit 87 Jahren.
Besserer Schutz im Club

Awareness-Konzept in Wien

40 % der Wiener fühlen sich unsicher beim Clubbing, gerade auch queere Menschen. Ab 2026 wird ein Awareness-Konzept bei Events deswegen zur Pflicht.
Urteil mit großer Bedeutung

Präzedenzfall für US-Queers?

Ein Gericht in Kanada setzte vorerst die Ausweisung eines queeren US-Bürgers aus. Begründung: In den USA könnte es nicht mehr sicher für LGBTIQ* sein.
Hass-Kampagne in der Türkei

Perfide Umfrage in der Bevölkerung

Die Türkei geht mit immer extremeren Mitteln gegen die Community vor, jetzt soll eine perfide Befragung der Bevölkerung den Hass auf LGBTIQ+ befeuern.