Stillstand in Berlin? Verhindern Grüne und SPD einen Neubeginn für mehr Sicherheit in der Stadt?
Die CDU hat sich bei der Wiederholungswahl in Berlin im Februar dieses Jahres nicht nur in vielen Bezirken der Stadt als stärkste Kraft etabliert, sondern auch in der Mehrheit der schwul-lesbischen Kieze an die erste Stelle der Parteien gearbeitet, auch in Tempelhof-Schöneberg. Der Kreisverband der „Lesben und Schwule in der Union“ LSU kritisiert nun die Verhandlungen von Grünen, SPD zusammen mit den Linken, um eine Stimmenmehrheit im Bezirk zu erreichen und die alten Strukturen um den bisherigen Bezirksbürgermeister Jörn Oltmann (Grüne) zu erhalten. Dabei würde laut der LSU der Wunsch nach einem politischen Wechsel in der LGBTI*-Community im Zentrum der Regenbogenhauptstadt ignoriert werden.
Verhindert Grün-Rot einen schwulen Bezirksbürgermeister?
Hierzu erklärt der Kreisvorsitzende der LSU Tempelhof-Schöneberg, Marcus Schneider: „Unabhängig davon, dass Grüne, SPD und Linke mit ihren Zählgemeinschaftsverhandlungen offensichtlich das Wahlergebnis und damit den Wählerwillen missachten, bedeutet dies auch einen Stillstand in der Queerpolitik des Bezirks. Mit Matthias Steuckardt hat die CDU den ersten schwulen Bezirksbürgermeisterkandidaten in Tempelhof-Schöneberg ins Rennen geschickt und eine deutliche Mehrheit eingefahren. Anstatt dieses eindeutige Votum anzuerkennen und den Weg für einen Politikwechsel frei zu machen, kleben Bezirksbürgermeister Oltmann (Grüne) und BVV-Vorsteher Böltes (SPD) an ihren Stühlen und sind zum Machterhalt sogar bereit, mit den Linken zusammenzuarbeiten.“
Gewalt in der Szene nimmt weiter zu
Die CDU hatte mit einer Plakatkampagne „Unser Kiez verdient einen schwulen Bürgermeister“ auf den schwulen Bürgermeisterkandidaten Steuckardt aufmerksam gemacht. Ein Kernthema auch innerhalb der schwul-lesbischen Community war die Frage nach der Sicherheit im Kiez sowie in ganz Berlin. Sowohl einige Betreiber von schwulen Clubs und Treffpunkten, wie aber auch Homosexuelle und queere Menschen selbst hatten sich in den letzten Monaten immer wieder dahingehend geäußert, dass sie sich vor allem nachts in Berlin nicht mehr sicher fühlten.
Auch das Berliner Anti-Gewaltprojekt Maneo bestätigte das Grundgefühl anhand von Daten – sowohl Anfragen an die Organisation wie auch die Fallzahlen selbst waren zuletzt binnen eines Jahres stark angestiegen. Die Berliner Initiative für geschlechtliche und sexuelle Vielfalt (IGSV) verzeichnete einen Anstieg von Hass und Gewalt vor allem gegenüber Homosexuellen um rund 21 Prozent binnen eines Jahres. Jeden Tag kommt es statistisch gesehen inzwischen zu zwei oder mehr Angriffen auf die Community, die meisten Vorfälle werden dabei im Bezirk Tempelhof-Schöneberg sowie in anderen schwul-lesbisch geprägten Regionen wie Tiergarten, Kreuzberg und Neukölln verzeichnet.
Aufbruch oder ein „Weiter so“?
Schneider von der LSU erklärt dazu weiter: „Insbesondere die Grünen geben gerne vor, die Interessen der Community auf politischer Ebene vertreten zu wollen. Bei allen Solidaritätsbekundungen und Lippenbekenntnissen zur queeren Sichtbarkeit verhindern sie einen schwulen Bezirksbürgermeister aber, sobald es um die eigenen Posten geht. Die CDU steht für frischen Wind in der Queerpolitik. Wir werden die Zählgemeinschaftsverhandlungen und ihre Ergebnisse kritisch beobachten, denn in vielen queerpolitischen Themen, wie beispielsweise der Sicherheit im Regenbogenkiez, sehen wir durch eine grün-rot-rote Zählgemeinschaft den Status quo zementiert. Statt einem echten Aufbruch bedeutet dieses Bündnis ein ‚weiter so‘.“