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Spätes Coming Out
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Spätes Coming Out Ein Leben im Geheimen: „Ghost“-Autor Bruce Joel Rubin outet sich mit 81 Jahren

ms - 04.06.2024 - 14:00 Uhr

Die etwas Älteren von uns erinnern sich noch an den bezaubernden Film „Ghost – Nachricht von Sam“ über die tragische Liebesgeschichte zwischen Patrick Swayze (1952-2009) und der jungen Demi Moore (61). Als Swayzes Charakter Sam Opfer eines Mordanschlags wird, trauert Moore alias Molly um ihren Freund und sucht Hilfe bei einer Wahrsagerin, gespielt von Whoopie Goldberg (68).

Der schwule Schwarm Patrick Swayze

Der Film aus dem Jahr 1990 ließ jahrelang auch die Herzen von Schwulen und Lesben höher schlagen. Das lag zum einen an der knisternden Love-Story selbst, aber wohl auch daran, dass Patrick Swayze mehrfach oben ohne zu sehen ist und zu dieser Zeit gerade auch in der Gay-Community ein absoluter Schwarm war. Wer von uns schwulen Jungs wollte damals nicht liebend gerne an Stelle von Demi Moore vor der drehenden Töpferscheibe sitzen und die kräftigen Arme und den nackten Oberkörper von Swayze spüren, der sich liebevoll von hinten an uns anschmiegt? 

Dazu kam zum anderen die raffinierte Story, die es ermöglichte, Goldberg und Moore küssend und liebkosend zu zeigen, ohne dass es sich dabei zumindest offiziell um eine lesbische Liebesszene gehandelt hätte – denn in die Wahrsagerin war ja der Geist des verstorbenen Freundes eingefahren. Für die 1990er Jahre war das genug Erklärung, um nicht die damals noch sehr homophoben Sittenwächter auf den Plan zu rufen. Zum Glück! So konnten Schwule und Lesben gleichermaßen, wenn auch aus unterschiedlichen Motiven, im Kino sitzen und schmachten. 

Spätes aber glückliches Coming Out

Erfunden wurde die ziemlich schwul-lesbisch angehauchte Story von Drehbuchautor Bruce Joel Rubin. Im Alter von 81 Jahren hat sich dieser nun als schwul geoutet, vor allem deswegen, weil er „diese Welt nicht mit irgendwelchen Geheimnissen verlassen will.“ Rubin galt viele Jahre lang als Garant für gute Filmstoffe und Autor für einfühlsame Spielfilme. Mitunter konnte er aber auch rasante Actionverfilmungen abliefern. Neben „Ghost – Nachricht von Sam“, für den er 1991 mit dem Oscar für das Beste Originaldrehbuch ausgezeichnet worden war, schuf er die Vorlagen zu Filmen wie „Deep Impact“, „Stuart Little 2“ oder auch „Die Frau des Zeitreisenden“. 

Ein Leben im Geheimen

„Ich bin nie nicht schwul gewesen“, sagte Rubin jetzt dem Guardian nach der Veröffentlichung seiner jüngsten Memoiren „It's Only a Movie“. Und weiter: „Ich bin voll und ganz schwul, und ich habe es immer gewusst.“ Rubin versuchte sein Leben lang, sein Privatleben von der Öffentlichkeit abzuschirmen. Bekannt waren bisher nur wenige Details, beispielsweise die Tatsache, dass er knapp 18 Monate in Tibet und Indien in einem Kloster gelebt hatte. 

Seit über 50 Jahren ist er mit seiner Frau Blanche Mallins verheiratet, die über seine Homosexualität bereits kurz nach ihrem ersten Kennenlernen im Jahr 1970 Bescheid wusste – Rubin hatte sich früh ihr sowie der ganzen Familie gegenüber geoutet. „Ich finde es nicht gut, dass ich mich so lange versteckt habe. Aber das hätte die Leute nur verwirrt.“ Wie hätte das damalige Hollywood reagiert? Hätte er noch Jobs bekommen oder hätten sich einige Produzenten nicht klammheimlich gedacht: Ein schwuler Autor kann doch keine romantischen Liebesfilme schreiben.

Only Gay in Town

Rubins Lebensbeichte hat auch eine kleine tragische Komponente, denn er verweigerte sich auch deswegen einem Outing, weil er nicht viel über die schwule Community wusste und keinen Anschluss fand in einer Zeit, als die Stonewall-Unruhen (1969) noch ganz frisch waren. „Es gab keine Clubs, von denen ich wusste, keine Möglichkeit, diesen Teil meiner Sexualität zu verkünden. Ich hatte keine Ahnung, dass es so viele Menschen gab, die sich für dieselbe Sache interessierten.“ 

Ein glückliches Sexleben

Unglücklich waren er und seine Frau trotzdem nicht, wie er im Interview weiter betonte: „Sie und ich hatten ein gutes Sexleben“. Sie lebten eine offene Beziehung. „Wir hatten eine gemeinsame Beziehung mit einem Mann, der mir in unserem Ashram gefiel. Sie hatte einen privaten Moment mit ihm, und ich auch. Außerdem hatte ich noch ein paar andere Dinge am Laufen, über die ich nicht geschrieben habe, weil sie den Leuten peinlich sein könnten.“

Der Einfluss seiner Homosexualität auf seine Karriere sei dabei trotzdem immens gewesen und habe ihn als Drehbuchautor immer wieder inspiriert: „Das ´Anderssein´ hat mich dazu gebracht, Schriftsteller zu werden. Ich musste aus dem Mainstream des Lebens heraustreten und es aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Sich selbst am Rande der menschlichen Erfahrung zu finden, ist eher ein Geschenk als eine Quälerei. Ein Film wie ´Ghost´ erreichte Hunderte von Millionen von Menschen, und es ist mein kleiner versteckter Lebensstil, der mir eine Stimme und die Möglichkeit damit gab, das zu schreiben und so zu ihnen allen zu sprechen.“

Stinkefinger für die Sittenwächter

So entstand wohl auch eine der berühmtesten Szenen im Film „Ghost“, jener Moment, als der Geist von Sam in das Medium Oda Mae Brown eindringt, um sich wieder mit seiner Frau Molly zu vereinen. Als die beiden Frauen sich die Hände streicheln, erkennt Moores Figur die Berührung ihres verstorbenen Mannes wieder. „Es kam mir in den Sinn, aber es spielte keine Rolle“, sagt Rubin über den eindeutigen lesbischen Subtext. „Was ich zu betonen versuchte, war, dass, obwohl es die Hände von Oda Mae (Goldberg) waren, es sich wie Sam (Swayze) anfühlte. Ich habe es nicht als lesbisch empfunden, aber ich wusste, dass es Leute geben würde, die sagen würden.“ Er hat es damit geschafft, den homophoben Sittenwächtern jener Tage charmant den Stinkefinger zu zeigen.

Heutzutage genießt Rubin das Leben als stolzer 81-jähriger Homosexueller in vollen Zügen, wie er abschließend erklärt: „Ich bin glücklich schwul. Und ich sage Ihnen etwas, das Sie erst noch herausfinden werden: Wenn Sie über 80 sind und denken, dass Ihre Libido verschwunden ist, kommt sie zurück. Und zwar gewaltig! Männliche Schönheit ist für mich überwältigend anziehend. Schon wenn ich jemanden im Supermarkt sehe, empfinde ich diese explosive Freude.“ Da haben wir also etwas, auf das wir uns wirklich freuen können.

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