Skepsis in Frankreich Wie queerfreundlich ist Premierminister Sébastien Lecornu?
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (47) hat nach dem Regierungssturz Anfang der Woche den bisherigen Verteidigungsminister Sébastien Lecornu (39) zum neuen Premierminister ernannt – er soll das Land aus der Krise führen. Die LGBTIQ+-Community blickt mit Skepsis auf den neuen ersten Mann im Staat.
Krise in Frankreich
Lecornu war bereits Ende letzten Jahres für das Amt des Regierungschefs angedacht gewesen, schlussendlich hatte sich Macron dann aber doch für François Bayrou entschieden, der nach seinen geplanten Ausgabenkürzungen und der Sanierung der Staatsfinanzen in einer Abstimmung von den Parlamentariern gestürzt worden war. Ob es nun Lecornu gelingt, einen Haushalt durch das tief gespaltene und zerstrittene Parlament zu bringen, ist fraglich. Lecornu ist der fünfte Regierungschef in weniger als zwei Jahren. Das Parlament spaltet sich derzeit in drei Blöcke auf, neben Macrons Mitte-Regierung ist dies das linke Lager und die Rechtsnationalen mit Marine Le Pen an der Spitze – keiner allein hat eine eigene Mehrheit.
Gegner der Ehe für Homosexuelle
Lecornu ist ein enger Vertrauter von Präsident Macron, der 2017 von der konservativen Partei Les Republicains zu Macrons zentristischer politischer Bewegung wechselte. Er war der jüngste Verteidigungsminister Frankreichs und ist maßgeblich für die Aufrüstung des Militärs bis 2030 verantwortlich. Die rechtspopulistische Fraktionschefin Marine Le Pen nannte ihn in dieser Woche „Macrons letzte Kugel“.
Die queere Community blickt mit großer Skepsis auf den 39-Jährigen, der sich in der Vergangenheit mehrfach negativ zu den Rechten von LGBTIQ+-Menschen geäußert hatte. Noch 2012 hatte sich Lecornu so gegen die gleichgeschlechtliche Ehe ausgesprochen, die ein Jahr später in Kraft trat. Die spezielle Politik der Homosexuellen verärgere ihn, so Lecornu damals, der im weiteren Verlauf die Ehe als Institution zwischen einem Mann und einer Frau verteidigte.
In den darauffolgenden Jahren äußerte er sich zudem mehrfach kritisch mit Blick auf LGBTIQ+-Rechte. Auch wenn sich Lecornu heute als liberal bezeichnet, bleibt die Community in Frankreich vorsichtig – sie befürchtet indirekte Verschlechterungen, beispielsweise in Form von finanziellen Einschränkungen für Vereine und Organisationen. Die Angst, Lecornu könne die Ehe für alle rückabwickeln, ist allerdings nach einhelliger Meinung unbegründet.