Direkt zum Inhalt
Sieg vor Gericht
Rubrik

Sieg vor Gericht Beschimpfung als „TERF“ kann mit 250.000 Euro Ordnungsgeld geahndet werden

ms - 04.08.2023 - 14:00 Uhr

Ein Urteil des Landgerichts München I dürfte jetzt bundesweit Beachtung finden – erstmals haben sich Richter klar gegen den Begriff „TERF“ gestellt, der kritische Frauenrechtlerinnen und Feministinnen als transphobe Extremistinnen verunglimpfen will. Die Frauenrechtlerin und ehemalige stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Frauenrechtsorganisation „Terre des Femmes“, Inge Bell, war gegen die Stuttgarter Grünen-Trans-Politikerin Maike Pfuderer vor Gericht gezogen und hat jetzt gewonnen.

Bell als „TERF“ und „Feminazi“ beschimpft

Pfuderer soll nach Angaben von Bell diese seit 2021 nach kritischen Kommentaren zum geplanten Selbstbestimmungsgesetz in einem SPD-Talk immer wieder online attackiert und beschimpft haben, inhaltlich habe die Trans-Frau die Frauenrechtlerin verleumdet, als „TERF“ und „Feminazi“ tituliert und sinngemäß unterstellt, Bell sei trans- und islamfeindlich und hätte mit Rechtsextremisten gemeinsame Sache gemacht.

Haltbar waren all die Vorwürfe gegen Bell offenbar nicht, sie selbst spricht gegenüber Focus Online von „völlig falschen Tatsachenbehauptungen“. Bell, die seit über 20 Jahren als Menschenrechtsaktivistin arbeitet und mit dem Preis „Frau Europas“ sowie dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet worden ist, veranlasste daraufhin eine Unterlassungserklärung, die Pfuderer nicht unterzeichnete.

250.000 Euro Ordnungsgeld bei erneuter „TERF“-Beschimpfung

Bell erkennt in dem Vorgehen eine gezielte Methodik, wie sie im Interview weiter erklärt: „Begriffe wie ´Nazi´, ´faschistoid´ und ´TERF´ werden dann gerne zusammen gegen alle verwendet, die abseits jeder Diskriminierung einzelne Facetten des Themas, etwa das geplante Selbstbestimmungsgesetz, kritisch hinterfragen wollen. Und damit keine Frau und kein Mädchen diese Beleidigungen ertragen muss, bin ich eben den Weg vors Gericht gegangen.“

Am Verhandlungstag ist Maike Pfuderer dann nicht vor Gericht erschienen, sodass das Landgericht München I ein sogenanntes Versäumnisurteil fällte. „Jetzt ist es ihr unter Androhung von 250.000 Euro Ordnungsgeld oder Ordnungshaft untersagt, mich weiterhin als ´TERF´ zu beleidigen oder weiter zu behaupten, ich würde mit Rechtspopulisten auftreten“, so Bell.

Präzedenzfall für  ganz Deutschland?

Pfuderer erklärte nach dem Urteil online, sie werde Rechtsmittel einlegen – tat es dann aber offenbar doch nicht. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig und könnte ein bundesweiter Präzedenzfall werden, wenn auch andere Menschen als „TERF“ verunglimpft werden und dagegen vorgehen wollen.

Die grüne Trans-Politikerin ist mit ihrer Rhetorik zuletzt auch im Herbst 2022 negativ aufgefallen, als sie im Vorfeld der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen siebzig Partei-Mitglieder als „xenophobe Rassisten mit Rechtsdrall“ beschimpfte und sie mehrfach mit einem Nazi-Framing verbal attackierte – die Gruppe hatte dabei zuvor lediglich angeregt, noch einmal sachlich über die gesetzlichen Details des geplanten Selbstbestimmungsgesetzes reden zu wollen. Dazu kam es schlussendlich nicht. Obwohl Pfuderer dabei auch betont hatte, sie spreche im Namen der Dachstruktur QueerGrün, weigerte sich die Partei selbst bis zuletzt, konkret offiziell Stellung zu den diffamierenden Aussagen zu beziehen.

Auch Interessant

Sensation in Großbritannien

Schwuler Autor zweifach ausgezeichnet

Kleine Sensation: Zweimal in Folge gewann Jon Ransom jetzt den wichtigsten britischen LGBTI*-Buchpreis für eine Geschichte über drei schwule Männer.
Verzweiflungstat in Österreich

Statement zu Konversionstherapien

Grünen-Gesundheitsminister Rauch betonte vor der Regierungsneubildung in Österreich die Gefahren von Konversionstherapien - leider ohne Folgen.
Kritik an Ellen DeGeneres

Flucht einer Multimillionärin

Ellen DeGeneres flüchtete nach dem Wahlsieg von Donald Trump nach England - viele aus der LGBTI*-Community kritisieren die Entertainerin jetzt dafür.
Aids-Gedenken am White House

US-Präsident Biden tief gerührt

Erstmals wurden gestern weite Teile des Aids-Gedenk-Quilt vor dem Weißen Haus gezeigt. US-Präsident Biden betonte tief emotional den Kampf gegen HIV.
Wenn das Jugendamt kommt

Schutz von LGBTI*-Jugendlichen

Rund 16.000 LGBTI*-Jugendliche waren 2023 statistisch von Inobhutnahmen der Jugendämter betroffen, die Hälfte kommt anschließend ins Heim.
Erneut Razzien in Moskau

Dutzende Festnahmen in Gay-Clubs

Erneut ist es in Moskau zu Razzien in mehreren Schwulenclubs und Community-Treffpunkten gekommen, Dutzende Menschen wurden festgenommen.
Kölner Sparhaushalt

191.000 Euro weniger fürs anyway

Die Stadt Köln will im neuen Haushalt 2025/26 rund 190.000 Euro beim LGBTI*-Jugendzentrum anyway einsparen. Entsetzen in der Rheinmetropole.
Weltaidstag

Gedenken und aktiv werden!

Erneut gedenken wir am Weltaidstag den Millionen Menschen, die an Aids gestorben sind. Doch genauso wichtig ist der Einsatz gegen Stigmatisierung heute