Direkt zum Inhalt
Sexarbeit in Europa

Sexarbeit in Europa LGBTI*- und Menschenrechtverbände warnen vor strengeren Gesetzen!

ms - 27.06.2023 - 10:00 Uhr
Loading audio player...

Mehrere Organisationen wie Human Right Watch oder Amnesty International wenden sich jetzt mit einem Appell an die Mitglieder des EU-Parlaments – im Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (EP Gender Equal) wird voraussichtlich heute über den Prostitutions-Report abgestimmt. Nach Ansicht der Verbände könnte ein Votum für neue EU-Richtlinien Sexarbeitern und LGBTI*-Menschen schaden.

Der Bericht fordert die Mitgliedstaaten auf, Sexarbeiter zu entkriminalisieren, aber Käufer von Sex und diejenigen, die sexuelle Dienstleistungen organisieren, zu kriminalisieren, in Übereinstimmung mit dem sogenannten nordischen Prostitutionsmodell. Ziel dieser Maßnahmen sei es, die Nachfrage nach kommerziellem Sex zu verringern.

Nordisches Modell verschlimmere Lage von Sexarbeitern

„Wir rufen die Mitglieder des EP GenderEqual auf, gegen den Prostitution-Report zu stimmen! Die Kriminalisierung schadet Sexarbeitern, insbesondere schutzbedürftigen Menschen, einschließlich LGBTI*-Personen. Stattdessen sollte das EP sicherstellen, dass alle Menschen in der gesamten EU gleichen Zugang zu wirtschaftlichen und sozialen Rechten haben“, so die ILGA-Europe. In einer Videobotschaft schließen sich weitere Verbände wie LaStrada International UNAIDS oder auch Equinox an. Auch die Deutsche Aidshilfe stimmt den Aussagen zu. 

Human Rights Watch betont dabei, dass die Kriminalisierung von Sexarbeit in jedweder Weise die Gewalt gegenüber Sexarbeitern ansteigen lassen wird; Amnesty International erklärt zudem, dass Sexarbeiter auch anderweitig so massiv mehr Probleme bekommen würden bis hin zu einer Zunahme von Obdachlosigkeit. Die ILGA bittet darum, man möge den Sexarbeitern mehr zuhören und nicht über deren Köpfe hinweg neue Leitlinien beschließen.

Uneinigkeit im EU-Parlament

Die klare Forderung der Verbände: Das EU-Parlament solle alle strafrechtlichen Gesetze abschaffen, die den einvernehmlichen Austausch von sexuellen Dienstleistungen, Drittparteien, Werbung und die gemeinsame Nutzung von Räumlichkeiten ohne Zwang, Gewalt, Missbrauch von Autorität oder Betrug verbieten. Im Vorfeld zeigte sich bereits, dass auch innerhalb des zuständigen EU-Ausschusses große Uneinigkeit über die Thematik besteht.

Der Bericht geht von der Annahme aus, dass Prostitution immer eine Form der geschlechtsspezifischen Gewalt sei, man könne laut der sozialdemokratischen Europaabgeordneten Maria Noichl Sexarbeit nicht als regulären Job betrachten. Es handele sich hierbei nicht um eine „freie Wahl“, zudem baue sich hinter der legalen Prostitution eine Infrastruktur inklusive Menschenhandel auf.

Neue Richtlinien seinen grundlegend fehlerhaft

Ganz anders hingegen sieht das beispielsweise die Europaabgeordnete Karen Melchior von der linksliberalen Gruppe Renew. Der Bericht sei „grundlegend fehlerhaft“, dabei fehle die Unterscheidung zwischen „Sexarbeitern und Menschen, die zur Prostitution gezwungen werden.“ Laut Melchior handelt es sich bei Letzteren um geschlechtsspezifische Gewalt, bei Ersteren jedoch nicht.

Dem schließt sich auch Sabrina Sanchez, Direktorin der European Sex Workers Alliance, an, die zudem befürchtet, dass das vorgeschlagene Nordische Modell den „Sexarbeitern die Handlungsfreiheit nimmt.“ Zudem werde die Prostitution nur in den Untergrund gedrängt, was die Situation für Sexarbeiter weiter verschlechtern würde.

Anzeige
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Strafe, weil er CSD zuließ?

Anklage gegen Gergely Karácsony

Der Bürgermeister von Budapest sieht sich mit strafrechtlichen Ermittlungen konfrontiert, weil er die Pride-Parade im Juni 2025 ermöglicht hat.
Vorurteile im Kampf gegen HIV

Religiöser Hass in Uganda

Christliche Kirchen verhindern aus Homophobie in Uganda die Unterstützung von Menschen mit HIV, wie die jüngste UNAIDS-Studie belegt.
Rollback in Arlington

Ende bei Antidiskriminierungsschutz

Die erste Stadt in den USA, Arlington, hat jetzt die LGBTIQ+-Antidiskriminierungsgesetze aufgehoben. Eine Entwicklung mit landesweiter Signalwirkung.
Homosexuelle als Bedrohung

Neue Stigmata in Malaysia

Der größte islamische Jugendverein in Malaysia erklärte homosexuelle Menschen zur Bedrohung und fordert weitere Restriktionen gegen die Community.
Asyl für queere Flüchtlinge

Neues Zentrum in Amsterdam

In Amsterdam soll ein neues Asylzentrum nur für queere Flüchtlinge und alleinstehende Frauen entstehen.
Kontenlöschungen bei Meta

Queere Gruppen und Frauen betroffen

Meta steht massiv in der Kritik, zahlreiche Konten mit queeren Inhalten sowie zu Frauenrechten und Abtreibung gelöscht oder stark zensiert zu haben.
Neue Diskriminierung

Keine HIV-positiven US-Soldaten

Das US-Verteidigungsministerium will HIV-positive Soldaten entlassen. Ob das gelingt, ist derzeit Gegenstand einer juristischen Auseinandersetzung.
Klage gegen Erzbistum Köln

Vorwurf von sexuellem Missbrauch

Ein 70-jähriger Mann hat jetzt das Erzbistum Köln wegen mehrfachem sexuellen Missbrauch in seiner Jugend auf eine Million Euro Schmerzensgeld verklagt
Hassdelikt: Polizei ermittelt

Ein gezielter Tritt gegenLGBTIQ+

Ein Postbote in Belfast wurde entlassen, weil er einen Gartenwichtel in Regenbogenfarben samt Pride-Flagge mutwillig umstieß.