Schreddern von Beweisen Kardinal Woelki beruft sich auf den Datenschutz
Es ist nur eine vage Prognose, aber es steht zu befürchten, dass die neusten Enthüllungen aus dem Erzbistum in Köln vielleicht, unter Umständen, eventuell nicht dazu beitragen könnten, dass wieder mehr Menschen den Weg zurück in die heiligen Hallen der römisch-katholischen Kirche finden werden. Medial reumütig und frei von Reue musste das Bistum jetzt gegenüber der Katholischen Nachrichtenagentur einräumen, dass die Kölner Vertreter Gottes auf Erden im Jahr 2015 die Listen geschreddert haben, auf denen alle Priester vermerkt gewesen waren, denen explizit Kindesmissbrauch vorgeworfen wurde.
Warum? Natürlich nur aus Datenschutzgründen, versteht sich. Zuvor hatte die Listen übrigens der Kölner Erzbischof Kardinal Woelki eingesehen und offensichtlich die Vernichtung der Unterlagen zumindest gebilligt, wenn nicht doch eher direkt in Auftrag gegeben. Und natürlich wurde abermals nichts gegen all die Priester unternommen, die sich auf diesen Listen befunden haben, auch dann nicht, wenn die Fachstellen des Erzbistums sich, in der irrsinnigen Annahme der Aufklärung dienen zu müssen, damit vorab bereits befasst hatten. Auf Rückfrage erklärte Woelki nun, er habe auch leider keine Erinnerung mehr, welche Namen darauf gestanden wären. Das erstaunt natürlich insofern, denn so schnell vergisst man doch die Namen guter Freunde nicht, oder? In einem Fall konnte im Umfeld des, im vergangenen Jahr veröffentlichen Missbrauchsgutachtens der Anwaltskanzlei Gercke Wollschläger, sogar direkt nachgewiesen werden, dass Woelki keine weiteren Schritte gegen einen offensichtlich missbräuchlich handelnden pädophilen Priester eingeleitet habe. Der Mann befand sich anscheinend auch auf den geschredderten Listen. Warum Woelki dies tat? Es kann sicherlich nichts damit zu tun haben, dass der Priester und Kinderschänder mit Woelki gut befreundet war und so betonte der Erzbischof, dass er von weiteren Ermittlungen abgesehen habe, da der Mann an Demenz erkrankt sei. Viel wahrscheinlich ist, dass die gesamte Kirchenleitung seit vielen Jahren unter struktureller Demenz leidet, wenn es um Missbrauchsfälle geht.
Das System Woelki offenbart in seiner bodenlosen Frechheit damit nur eins: Der römisch-katholischen Kirche sind die Missbrauchsopfer bis heute herzlich egal. Mehrere Gutachten, zuletzt vom Frühjahr und Sommer dieses Jahres, belegten ein aufs andere Mal, dass die Kirchenleitung Besserung und Aufarbeitung verspricht, während sie intern bis heute nach den altbewährten Mustern verfährt: Schweigen, Abstreiten, Beweise vernichten, kriminelle Priester im Ausland verstecken oder einfach in eine andere Gemeinde versetzen. Es ist gerade einmal knapp zwei Wochen her, da forderten erstmals in der Geschichte der jüngeren Kirche 21 Pfarrer und kirchliche Mitarbeiter des Erzbistums, Woelki müsse endlich zurücktreten, zu schwer wiegt die Vertuschung, die Lügen und ja, auch die Heuchelei. Vom Papst in Rom ist seit Wochen einmal mehr nur zu hören: Er überlegt. Woelki würde dabei sanft in den gut bezahlten Ruhestand fallen (mindestens 10.000 Euro monatlich), wirkliche Konsequenzen wird es auch dieses Mal nicht geben, denn das System Kirche ist strukturell verwahrlost und menschenverachtend, es bedürfe einer kompletten Neuorientierung. Das Einsehen dazu fehlt, bis heute. Oder wie heißt es so schön umgangssprachlich: Der Fisch stinkt vom Kopf her – und dass inzwischen so sehr, da hilft auch keine Corona-Schutzmaske mehr.