Reichelts Verlag vor Gericht Grundsatzurteil zu Misgendern und Deadnaming erwartet
Darf eine Trans-Frau als Mann bezeichnet werden? Um diese Kernfrage geht es heute vor dem Landgericht Frankfurt. Angeklagt ist der Verlag des ehemaligen BILD-Chefredakteurs Julian Reichelt mit seinem Online-Formaten „Pleiteticker“ sowie „Achtung Reichelt“. Eine Autorin der Formate hatte die Trans-Aktivistin Janka Kluge mehrfach als Mann bezeichnet. Dagegen ging diese vor.
Grundsatzurteil mit Signalwirkung
Kluges Anwalt bewirkte daraufhin eine Abmahnung des Verlags, der Rome Medien. Da weder der Verlag noch Reichelt selbst die Abmahnung akzeptierten, zog die Trans-Frau daraufhin vors Landgericht Frankfurt. Im März dieses Jahres kam es seitens der Pressekammer des Gerichts zu einer einstweiligen Verfügung gegen den Verlag – das Unternehmen dürfe Kluge nicht als Mann bezeichnen.
Nach Angaben von Kluges Anwalt Jasper Prigge ist dies die erste einstweilige Verfügung, die um Umfeld von Misgendern und Deadnaming von Trans-Personen erwirkt wurde – gerade auch deswegen wird das Urteil mit Spannung erwartet, es dürfte eine Signalwirkung haben, gerade auch mit Blick auf das geplante Selbstbestimmungsgesetz, dass unter anderem auch ein Offenbarungsverbot vorsieht. Wird künftig eine Trans-Person mutwillig misgendert oder der frühere Vorname verbreitet, können künftig Ordnungsstrafen von bis zu 10.000 Euro die Folge sein.
Fall landet wahrscheinlich vor dem Oberlandesgericht
Kluge erklärte gegenüber der taz, die Bezeichnung als Mann sei für sie die „schlimmste Beleidigung“ und ein eindeutiger „Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht.“ Reichelt hat sich mit seinen digitalen Formaten via Blogs, Social Media und YouTube seit seiner Kündigung bei BILD eine enorme Reichweite mit mehreren hunderttausend Followern aufgebaut. Im Falle von Kluge war Reichelt zwar vorab zu keiner Stellungnahme bereit, erklärte online allerdings, seine Kollegin habe es lediglich gewagt, den „unbestreitbaren biologischen Fakt zu benennen, dass Janka Kluge ein biologischer Mann ist.“
Kluges Anwalt geht davon aus, dass der Fall nach dem heutigen Urteil so oder so schlussendlich über ein Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht weitergeführt wird – je nach Ausgang des Urteils wird eine der beiden Parteien damit nicht zufrieden sein.