Rassismus? Nein Danke! Mehr Einsatz und eine kritische Selbstreflektion gefordert
Am heutigen internationalen Tag gegen Rassismus setzen sich auch mehrere LGBTI*-Verbände und Initiativen gegen Menschenfeindlichkeit im Umfeld der LGBTI*-Community ein. Viele Schwule, Lesben oder queere Menschen sind aufgrund ihrer Hautfarbe, Herkunft oder ethnischen Zugehörigkeit in Verbindung mit ihrer sexuellen Orientierung oft mehrfach Diskriminierungen und Anfeindungen ausgesetzt. Seit 1966 wollen die Vereinten Nationen am heutigen Tag dabei auf das Thema Rassismus aufmerksam machen.
Auseinandersetzung mit dem eigenen Rassismus
Die Deutsche Aidshilfe (DAH) will so mit ihrer Kampagne „Aidshilfen gegen Rassismus“ eine klare Botschaft aussenden: „Wir stehen an der Seite von Menschen, die rassistische Diskriminierung erleben.“ Dabei betont Vorstandsmitglied Björn Beck von der DAH: „„Wir setzen uns in der Aidshilfe-Arbeit aktiv auch mit dem Rassismus auseinander, den wir internalisiert haben. Das ist unangenehm, aber notwendig. Das Thema Rassismus betrifft nicht nur unser Miteinander in der Aidshilfe. Im ganzen Bereich Sozialleistungen und Gesundheitsversorgung ist noch viel zu tun.“ Das Motto der Stiftung gegen Rassismus lautet so auch für dieses Jahr: „Misch dich ein!“
Mehr Raum für mehrfach Marginalisierte in der Community
Auch der deutschen Politik ist der Tag gegen Rassismus ein wichtiges Anliegen. Die queer-politische Sprecherin der Linken, Kathrin Vogler, erklärte gegenüber SCHWULISSIMO: „Auch die queere Community existiert nicht im luftleeren Raum und bietet nicht automatisch einen Schutzraum für Menschen, die von Rassismus betroffen sind. Wir haben wie in der gesamten Gesellschaft noch einen weiten Weg vor uns. Menschen mit Migrationshintergrund und People of Colour erleben dies schmerzhaft, deswegen müssen wir uns dafür einsetzen, sie als selbstverständlichen Teil der queeren Community zu begreifen und ihnen entsprechend Raum zu geben. Ein Negativbeispiel dafür war, als den letztjährigen Zivilcourage-Preisträgerinnen des Berliner CSD aus ´Zeitgründen´ verwehrt wurde, auf der Bühne den Preis entgegenzunehmen und sich dazu zu äußern. Damit konnten sie als schwarze queere Menschen nicht sichtbar werden mit ihrem Anliegen, Rassismus in der Gesellschaft und der Community zu bekämpfen. Rassismus geht uns alle an. Lasst uns für mehr Vielfalt in der Community streiten, damit jeder Tag ein Tag gegen Rassismus und Diskriminierung ist."
Kein Platz für Rassismus und Diskriminierung
Der queer-politische Sprecher der FDP, Jürgen Lenders, hält gegenüber SCHWULISSIMO fest, dass die Mehrheit der Menschen in Deutschland weltoffen und tolerant ist. Allerdings, so Lenders weiter: „Der in den letzten Jahren kontinuierliche Anstieg polizeilich registrierter Straftaten gegen die LGBTIQ-Community bereitet mir große Sorge. Dass es gegenwärtig immer wieder menschenfeindliche Anschläge gegen Minderheiten gibt, ist für mich unerträglich. Besonders schwierig ist die Situation für Menschen, deren Zugehörigkeit zu sozial marginalisierten Gruppen sichtbar ist. LSBTIQ of Color sind mehrfach und spezifisch von Diskriminierung betroffen. In unserer offenen und vielfältigen Gesellschaft ist kein Platz für Rassismus und Diskriminierung jeder Art. Die Ampelregierung hat bereits erste Maßnahmen getroffen.“
Pläne der Ampel-Koalition
Ein Aspekt dabei ist die Reformierung des Strafgesetzbuches, dass letzte Woche erstmals im Bundestag diskutiert worden war. Damit sollen künftig auch geschlechtsspezifische sowie gegen die sexuelle Orientierung gerichtete Tatmotive als weitere Beispiele für menschenverachtende Beweggründe in die Strafgesetze zu Hasskriminalität aufgenommen werden.
Lenders fordert zudem ein breites Fortbildungsangebot für Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte und meint überdies: „Eine vielfältige und diskriminierungsfreie Gesellschaft ist viel mehr als die Abwesenheit von diskriminierenden Gesetzen. Ich bin der festen Überzeugung: Vielfalt macht eine Gesellschaft freier und damit auch stärker. Sie kann die Gesellschaft sogar einen – wenn es gelingt, Andersartigkeit zu akzeptieren. Und ich glaube, dass wir sehr viel stärker die Chancen und den Wert von Vielfalt sehen und das auch politisch unterstützen müssen. Jeder Mensch kann Verantwortung übernehmen, sich informieren, die eigene Position dazu nutzen, ungehörten Stimmen Gehör zu verschaffen, Raum lassen und geben, Initiativen unterstützen, aktiv einschreiten und Rassismus benennen, wenn er stattfindet."
Familienministerin setzt Schwerpunkt auf antiasiatischen Rassismus
Bundesfamilienministerin Lisa Paus erklärte zum heutigen Internationalen Tag gegen Rassismus, dass in Deutschland bereits 20 Prozent der Menschen Rassismuserfahrungen gemacht hätten. Insbesondere der antiasiatische Rassismus habe seit der Corona-Pandemie deutlich zugenommen, so Paus. Sie setze sich daher für das Projekt "Asiat*innen aktiv - Für ein Leben ohne Diskriminierung" ein. Das Modellprojekt zeige, wie Rassismus sichtbar gemacht werden kann und erarbeite Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Diskriminierung.