Direkt zum Inhalt
Psychische Erkrankungen steigen an
Rubrik

Psychische Erkrankungen steigen an LGBTI*-Jugendliche sind in besonderer Weise davon betroffen

ms - 09.08.2022 - 11:00 Uhr

Die neusten Zahlen des Statistischen Bundesamtes über die psychische Gesundheit von Jugendlichen und jungen Menschen ist ein überdeutliches Warnsignal: Psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen waren im Jahr 2020 die häufigste Ursache für stationäre Krankenhausbehandlungen von jungen Menschen zwischen 15 und 24 Jahren. Rund jeder fünfte Patient (18 Prozent) in diesem Alter wird aufgrund psychischer Probleme stationär behandelt – in tatsächlichen Zahlen waren das im Jahr 2020 insgesamt rund 150.000 junge Menschen.

Ein besonderes Augenmerk liegt dabei noch einmal auf queere Jugendliche, die zumeist noch einmal verstärkt von psychischen Problemen und Ängsten in diesem Alter betroffen sind. Aktuell definieren sich rund 22 Prozent aller jungen Menschen der Generation Z in Deutschland als LGBTI* (Ipsos Studie 2021), weitere 14 Prozent sind noch unentschlossen. Nur knapp 68 Prozent empfinden sich selbst als heterosexuell – in keiner anderen Generation ist dieser Anteil so gering. Die letzten zweieinhalb Jahre Corona-Pandemie dürften die psychischen Probleme bei allen jungen Deutschen noch einmal stark negativ beeinflusst haben, die der queeren jungen Menschen allerdings in besonderer Weise, so auch der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD): „Die Pandemie verstärkt auch bestehende Verletzlichkeiten und Ungleichheiten. Die Auswirkungen von Corona und die politischen Entscheidungen zur Bekämpfung der Pandemie treffen nicht alle Menschen gleich, sondern je nach Lebenslage unterschiedlich und in unterschiedlicher Intensität.“

Corona allein dürfte allerdings nicht ausschlaggebend für den Anstieg psychischer Erkrankungen unter jungen Menschen sein, denn auch innerhalb der Corona-Pandemie gab es Schwankungen in der Statistik. Blickt man allerdings über einen längeren Zeitraum auf die Entwicklung, zeigt sich der negative Trend sehr deutlich: Psychische Krankheiten sind bei 15- bis 24-Jährigen binnen der letzten 15 Jahren von 12 auf 18 Prozent angestiegen. Im Jahr 2005 waren diese noch der dritthäufigste Behandlungsgrund bei stationären Behandlungen von jungen Menschen, heute stehen sie an erster Stelle. Alle anderen Einweisungsgründe bei Jugendlichen wie beispielsweise Schwangerschaften, Verletzungen und Vergiftungen sowie Krankheiten des Verdauungssystems sind hingegen zurückgegangen. Bei den psychischen Erkrankungen selbst war die sogenannte depressive Episode im Jahr 2020 der häufigste Behandlungsgrund für 15- bis 24-Jährige (rund 23.000 Fälle). An zweiter Stelle kommen psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen, die durch Alkohol bedingt sind. Den dritten Platz belegen dann abermals Depressionen, sogenannte wiederkehrende depressive Störungen, wobei die jungen Menschen wiederholt dabei depressive Episoden erlitten haben.

Nach wie vor ist auch das Suizidrisiko von Lesben und Schwulen zwischen 12 und 25 Jahren vier- bis siebenmal höher, als das von Jugendlichen im Allgemeinen, so eine Studie des Berliner Senats. Jeder sechste junge Homosexuelle habe bereits schon einmal daran gedacht, Suizid zu begehen. Insbesondere männliche Jugendliche leiden unter der Angst oder der Erkenntnis, schwul zu sein, so die Studie weiter. Die Europäische Union (EU) hat aufgrund der aktuellen Entwicklungen das Jahr 2022 auch zum “Europäischen Jahr der Jugend“ ausgerufen. Damit sollen die Anliegen und Perspektiven junger Menschen in den Fokus gerückt werden. Am kommenden Freitag soll beim Internationalen Tag der Jugend die Probleme der Generation Z noch einmal verstärkt in den Mittelpunkt gerückt werden.

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Späte Versöhnung

Das allererste Schwulengefängnis

In Australien gab es 30 Jahre lang das weltweit erste Gefängnis für Schwule. Nun wurde die Einrichtung als dunkles Kulturerbe des Landes anerkannt.
Die digitale Gefahr

Gefährdungslage für Jugendliche

Corona ist längst vorbei, doch für LGBTIQ+-Jugendliche sind digitale Anfeindungen noch immer Alltag, vor allem auch sexuelle Attacken.
Neue Kritik an der FIFA

Appell von queeren Verbänden

Queere Verbände wollen nun mittels einer Petition die Fußballmeisterschaft 2034 in Saudi-Arabien verhindern und rufen zum Boykott auf.
Späte Rache

High Noon im Lehrerzimmer

Rache wird am besten kalt serviert? Das dachte sich wohl eine ehemalige lesbische College-Schülerin, die sich nun für den Job ihres Peinigers bewirbt.
Keine Lust auf Jobs vor Ort

Gen-Z setzt besondere Prioritäten

Streaming während der Arbeitszeit im Home Office? Für die junge queere Generation denkbar - aber auch sinnvoll oder nicht?! Experten sind sich uneins.
Schwulen Rückenansichten

Amüsante Spekulationen in den USA

Amüsante Spekulationen: Die US-Presse fragt sich derzeit, ob in Caspar David Friedrichs Bildern eine homoerotische Komponente mitschwingt.
Bedenken bei E-Patientenakte

Kritik von LSVD+ und Aidshilfe

Ende April kommt die E-Patientenakte bundesweit. Bedenken aus der queeren Community wurden kaum ausgeräumt, so LSVD+ und Hamburger Aidshilfe.
Forderungen an die EU

Pride-Verbot in Mitteleuropa

Wann und wie reagiert die EU auf das Pride-Verbot in Ungarn? Mehrere EU-Parlamentarier fordern jetzt ernsthafte Konsequenzen seitens der EU.
Neue Fälle der Dating-Masche

Opfer aus Hessen und Österreich

Erneut wurden zwei Schwule Opfer der Dating-Masche, die mutmaßlichen Täter sind junge Männer. Die Taten geschahen in Wiesbaden und Wien.