Direkt zum Inhalt
Philippinische Drag-Queen Pura Luka Vega festgenommen
Rubrik

Nach Jesus-Darstellung Philippinische Drag-Queen Pura Luka Vega festgenommen

co - 09.10.2023 - 16:00 Uhr

Weil eine philippinische Drag-Queen Jesus darstellte, wurde sie letzte Woche verhaftet. Zu den Anklagepunkten zählen Unzüchtigkeit und Blasphemie. Bereits im Sommer hatten christliche Gruppen Strafanzeige erstattet wegen eines Videos, in dem Drag-Queen Pura Luka Vega (mit bürgerlichem Namen Amadeus Fernando Pagente), im Jesus-Outfit eine rockige Version des Vaterunsers auf Tagalog vortrug. Das Video wurde inzwischen gelöscht.

Religiöse Vereinigungen empört

Auf den Philippinen, die als ehemalige spanische Kolonie zu 80 Prozent römisch-katholisch geprägt sind, sorgte Pagentes Auftritt für weitreichende Empörung. Im Juli reichte die Bewegung Philippinen für Jesus, der protestantische Kirchenführer angehören, die erste Strafanzeige gegen Pagente ein. Die Performance habe laut der Organisation „ihren religiösen Glauben und ihren Schutzpatron entweiht“. Im August folgte eine zweite Strafanzeige von der katholischen Nazarener-Bruderschaft.

Pfarrer Jerome Secillano erklärte der BBC stellvertretend für die Bischofskonferenz der Philippinen, dass ein Ausdruck des Glaubens immer Ehrfurcht beinhalten sollte. „Ich weiß, dass Pura Luka Vega sagte, es sei Kunst … Es war eine Verhöhnung unseres Glaubens. Wir bezeichnen die Handlung an sich als beleidigend, egal ob sie von einem Mann, einer Frau oder einem Mitglied der LGBTI*-Community stammt.“

Mehrere philippinische Städte, unter anderem die Hauptstadt Manila, erklärten Pagente außerdem zur Persona non grata, also zu einer unerwünschten Person. Das hält Pagente nicht davon ab, diese Städte zu besuchen – führte aber zu einigen Absagen bereits geplanter Shows.

Was darf Kunst?

Seit Jahrzehnten ist Drag auf den Philippinen als Unterhaltung beliebt. Pagente gehört jedoch zu einer neuen Generation von Drag-Artists, die ihre Auftritte dazu nutzen, für ihre Anliegen einzutreten und die Grenzen der Redefreiheit zu ergründen. Gegenüber AFP erklärte Pagente, dass die Verhaftung das „Ausmaß der Homophobie“ auf den Philippinen zeige. „Ich verstehe, wenn Leute meinen Auftritt als blasphemisch, beleidigend oder bedauerlich bezeichnen“, so Pagente, dier sich seither bei allen entschuldigte, die sich von der Performance beleidigt fühlten. „Aber sie sollten mir nicht vorschreiben, wie ich meinen Glauben oder Drag praktiziere.“

Auch Fotografin Dulcinea Zulueta, die mit Luka zusammenarbeitet, erklärte: „Was die Leute nicht verstehen, ist, dass Luka mit einem religiösen Hintergrund aufgewachsen ist [und] den Glauben immer noch auf eigene Weise praktiziert.“ Sowohl Zulueta als auch Pagente erhielten wegen des Videos Morddrohungen: „Ich wurde als Komplizin eines Verbrechens bezeichnet, nur weil ich Luka unterstützt habe. Wir bekamen Nachrichten von Pastoren, die uns sagten, wir kämen in die Hölle.“

Pagente drohen bis zu zwölf Jahre Haft. Unter dem Hashtag #FreePuraLukaVega fordern nun viele die Freilassung, denn Drag sei „kein Verbrechen“. Ryan Thoreson von der Human Rights Watch ist einer von ihnen. „Das Recht auf freie Meinungsäußerung schließt künstlerische Äußerungen ein, die religiöse Überzeugungen beleidigen, persiflieren oder in Frage stellen“, erklärte er.

Auch Interessant

Outing im US-College-Football

Ein langer Weg zum eigenen Ich

Coming-Out im US-College-Football. Der gehypte Ex-Jungstar Jake Eldridge spricht erstmals über seinen Weg zum Coming-Out und sein neues Leben.
Erster schwuler Kandidat

Novum in Rumänien

Einzigartige Premiere: Erstmals tritt am kommenden Sonntag ein offen schwuler Mann bei den Parlamentswahlen in Rumänien an.
Hoffnungsschimmer in den USA

130 Städte kämpfen für LGBTI*

Hoffnungsschimmer in den USA: 500 Städte wurden unter die Lupe genommen – 130 von ihnen bekamen Top-Noten beim Einsatz für LGBTI*.
Definition einer Frau

Höhepunkt im britischen Rechtsstreit

Das Oberste Gericht in London verhandelt derzeit über die Frage, was genau eine Frau ist - zählen biologische Aspekte oder die Selbstdefinition?
Angriff auf JU-Politiker

Homophobe Attacke in Lüneburg

Eine Gruppe Migranten soll den JU-Politiker Simon Schmidt in Lüneburg brutal attackiert haben: „Wir stechen dich ab!“, riefen sie dabei laut Schmidt.
Denkmalpläne schreiten voran

"Für Capri und Roxi" in Hamburg

Auch das zweite Denkmal für die Community in Hamburg schreitet foran: "Für Capri und Roxi" soll an die Diskriminierung von Schwulen erinnern.
Homophober Hass in Nigeria

Ungestrafte Lynchjustiz gegen Schwule

Lebendig verbrannt oder begraben, zu Tode gefoltert: Die Mob-Gewalt gegen Homosexuelle in Nigeria nimmt massiv zu, die Polizei sieht weg.
Posse um Pride-Uhren

Malaysias Kampf gegen Homosexuelle

Die Posse um die beschlagnahmten Pride-Uhren von Swatch geht in Malaysia in die nächste Runde - die Uhren müssen zurückgegeben werden. Und nun?