Direkt zum Inhalt
Menschenrechte in der EU
Rubrik

Menschenrechte in der EU Rechte für Schwule und Lesben massiv gestärkt!

ms - 24.05.2023 - 10:30 Uhr

Es ist ein starkes und wichtiges Urteil – der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat das Land Rumänien verurteilt, weil die Regierung sich weigert, dass gleichgeschlechtliche Paare heiraten oder eine Partnerschaft eintragen dürfen – das verletze die Menschenrechte, so das Urteil. Mit fünf zu zwei Stimmen sah das Gericht in Straßburg Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt, der sich auf das Privat- und Familienleben bezieht. Gegen das Urteil hatten zwei Richter aus Polen und Armenien gestimmt.

Anerkennung von homosexuellen Paaren ist zwingend!

Eine Ungleichbehandlung mit Heterosexuellen sei so nicht hinnehmbar, erklärten die Richter weiter. Die rumänische Regierung hatte sich bis zuletzt geweigert, homosexuelle Paare anzuerkennen. Dagegen hatten insgesamt 21 schwule und lesbische Paare seit 2019 geklagt und erklärt, sie werden in verschiedenen Bereichen diskriminiert, beispielsweise bei der Gesundheitsfürsorge, dem Arbeitsrecht oder auch der Krankenversicherung.

Dieser Auffassung schlossen sich jetzt die Richter in Straßburg an. Der EGMR erklärte mit Blick auf die Bedenken aus Rumänien: „Homosexuellen Partnerschaften die Anerkennung zu erlauben, würde die Institution der Ehe nicht beeinträchtigen, weil heterosexuelle Paare immer noch heiraten dürfen.“ Zudem erinnerte der Gerichtshof daran, dass alle EU-Mitgliedsstaaten einen gesetzlichen Rahmen schaffen sollten, der die Anerkennung und den Schutz gleichgeschlechtlicher Paare sicherstellt.

Rumänien muss jetzt handeln!

Rumänien ist an den obersten Richterspruch gebunden und muss nun die rechtliche Lage für Homosexuelle anpassen. „Das Urteil ist mit einem Durchsetzungsmechanismus verbunden, sodass der rumänische Staat Rechenschaft darüber ablegen muss, was er jetzt unternimmt, um eine Form des rechtlichen Schutzes für gleichgeschlechtliche Familien anzuerkennen und anzunehmen", so die Menschenrechtsanwältin Iustina Ionescu während einer Pressekonferenz – sie hatte den Fall vor Gericht auch vertreten.

Regierung blockierte neue Gesetze bis zuletzt!

Das sozial konservative Land hat erst im Jahr 2001 Homosexualität überhaupt entkriminalisiert, Jahrzehnte später als viele andere Länder der Europäischen Union. Bereits sieben Mal war seit 2016 versucht worden, Gesetzesvorschläge zur Änderung von Lebensgemeinschaften einzubringen; bisher scheiterten diese stets am Veto des Parlaments oder liegen noch immer bei den Genehmigungsausschüssen auf Eis.

Bevölkerung lehnt Homosexualität weiter ab

Rumäniens Regierung geht dabei allerdings nicht stur seinen eigenen Weg, auch in der Bevölkerung selbst scheint eine Mehrheit die gleichgeschlechtliche Ehe noch immer abzulehnen. So scheiterte zuletzt auch ein Referendum zur Einführung der Homo-Ehe und eine Umfrage der LGBT-Rechtsgruppe ACCEPT ergab zudem, dass nur 43 Prozent der Rumänen überhaupt für mehr Rechte für Schwule und Lesben sind, auch wenn 71 Prozent eingestehen mussten, dass eine Ehe für Homosexuelle wohl keine Auswirkungen auf ihr eigenes Leben haben würde.

Signalwirkung für andere Länder?

Rémy Bonny von der internationalen LGBTI*-Organisation Forbidden Colours erklärte trotzdem dazu: „Es ist ein wichtiges Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte! Rumänien verstößt gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, indem es gleichgeschlechtlichen Beziehungen keine Anerkennung und keinen Schutz gewährt. Es ist Zeit für eine EU-weite Anerkennung von LGBTIQ+ Familien!“ Die Hoffnung ist dabei groß, dass das Urteil auch eine Signalwirkung auf andere homophobe Regierungen wie beispielsweise Polen oder Ungarn haben könnte.

Auch Interessant

Stinkefinger für EU und USA

Uganda schließt Pakt mit Russland

Der politische Druck auf Uganda nach dem „Kill the Gays“-Gesetz seitens USA und EU ist verpufft, das Parlament schloss jetzt einen Pakt mit Russland.
Krise bei LGBTI*-Influencern

Wohin flüchten nach dem TikTok-Aus?

Krise bei LGBTI*-Influencern in den USA: Wohin flüchten nach dem vermeintlich baldigen TikTok-Aus? ist RedNote die Alternative?
Milliarden gegen Missbrauch

US-Kirche zahlte fünf Milliarden

Neue Daten zu sexuellem Missbrauch in den USA: Die meisten Opfer waren Jungs. Die US-Kirche zahlte in den letzten 20 Jahren fünf Milliarden Dollar.
Kritik an der ePA

Offener Brief an Karl Lauterbach

Verbände und Gesundheitsexperten kritisierten jetzt die Sicherheitsprobleme bei der elektronischen Patientenakte- ein Problem gerade auch für LGBTI*.
LGBTI*-Jugendarmut

Alarmierende neue Studie

Eine neue Studie ist alarmierend: Rund 875.000 LGBTI*-Menschen unter 20 Jahren ist armutsgefährdet.
Digitale Gewalt

Angriffe auf politisch Engagierte

Die Mehrheit der politisch Engagierten und Politiker erlebt in Deutschland digitale Gewalt, besonders gerne auch mit dem Hintergrund von LGBTI*.
Hassverbrechen in Berlin

Beleidigungen und Körperverletzungen

Die Gewalt gegen LGBTI* nimmt an Brutalität und Quantität in Berlin weiter zu - das bestätigte jetzt die Queer-Beauftragte der Berliner Polizei.
Tony Slattery ist tot

Schwuler Komiker stirbt mit 65 Jahren

Er war Vorbild und Hoffnungsträger für die britische Gay-Community, nun ist Tony Slattery mit 65 Jahren an den Folgen eines Herzinfarktes verstorben.
Brisante Gästeliste

Amtseinführung von Donald Trump

Bei der Amtseinführung von Donald Trump werden einige Anti-LGBTI*-Staatschefs dabei sein - allen voran Georgia Meloni und Victor Orban.