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Trans-Autor Amelung könne an Walter Lübcke denken

Massive Drohungen gegen trans-Kritiker „Sie sind zum sofortigen Umdenken verpflichtet… anderenfalls wird es zu erheblichen Konsequenzen kommen.“

ms - 01.09.2022 - 10:00 Uhr
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Der trans-Mann Till Randolf Amelung gilt als ausgewiesener Experte für Themen wie Diversity, geschlechtersensible Gesundheitsversorgung und Intersektionalität. Amelung studierte Geschlechterforschung und Geschichtswissenschaften und arbeitet heute erfolgreich als Autor und Referent – allerdings ist er einem Teil der trans-Aktivisten offenbar ein Dorn im Auge, weil er sich immer wieder kritisch mit Themen wie dem geplanten Selbstbestimmungsgesetz auseinandersetzt. Als trans-Mann schöpft er bei seiner Kritik so auch aus eigenen Erfahrungen, was offensichtlich einige Aktivisten in besonderer Weise erzürnt.

Jetzt hat Amelung ein Schreiben eines höchstwahrscheinlich queeren Aktivisten bekommen, der sich darin als das Bundesamt für Verfassungsschutz ausgibt und Amelung sehr direkt droht, er möge mit seiner Kritik endlich schweigen. So heißt es in dem Schreiben, er würde die “freiheitlich-demokratische Grundordnung“ gefährden, denn seine “transphoben Äußerungen“ würden zur “Spaltung der Gesellschaft und Unterwanderung der Würde von transgeschlechtlichen Personen“ führen. Im weiteren Text schreibt der Autor: „Dies ist nicht als Drohung zu verstehen, sondern viel mehr als ´freundliche Aufforderung´. Sie müssen hierbei sicherlich an den NSU und Walter Lübcke denken.“ Und weiter im Text: „Sie haften vollumfänglich persönlich für die von Ihnen getätigten Aussagen und Verbreitungen von Falschinformationen, die trans-Menschen gezielt entwürdigen (…) Sie sind zum sofortigen Umdenken verpflichtet… anderenfalls wird es zu erheblichen verfassungs- und strafrechtlichen Konsequenzen kommen.“  Zudem erklärt der Autor auch, dass der Bundesnachrichtendienst alle technischen Geräte von ihm und seinen “Mitwirkenden“ dauerhaft überwachen würde.

Man kann kaum anders, als das Schreiben als direkte Bedrohung zu verstehen und auch als eine mögliche Ankündigung von Gewalt. Zudem erfüllt der Autor damit auch den Strafgesetzpassus der Amtsanmaßung, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren bestraft werden kann. Das Schreiben trägt Logo und die Anschrift des Bundesamtes für Verfassungsschutzes in Köln. Amelung erklärte auf Rückfrage von SCHWULISSIMO, dass er gestern Nachmittag bereits Anzeige erstattet habe. Absurd sind die Anschuldigungen zudem überdies, weil Amelung seit Jahren versucht, sowohl im direkten Gespräch wie aber auch in seinen Artikeln und Büchern zur Befriedung der Situation beizutragen – offensichtlich haben es einige extreme Aktivisten trotzdem auf ihn abgesehen. Bisher habe er solche Zuschriften nicht bekommen, so Amelung weiter, der zudem erklärte: „Das Schreiben wirkte auf mich skurril, weshalb ich es zunächst in den Papierkorb verschob. Später entdeckte ich die Person auf Twitter und beschloss, mir die Mail nochmal anzuschauen.“ Natürlich lässt sich ein solches Schreiben leichtfertig als Spinnerei abtun, doch handelt es sich in dieser Form nicht nur um eine strafbare Handlung, sondern es steht auch die Frage im Raum, wie ernst es der Verfasser mit seinen Androhungen tatsächlich meint: „Das Gesamtbild scheint mir nicht auf konventionellen Aktivismus hinzudeuten, sondern auf eine schwerwiegende psychische Erkrankung. Ich mache mir aber Sorgen, dass die Person sich und andere gefährden könnte, weshalb ich hoffe, dass da jemand vorher eingreift“, so Amelung abschließend.

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