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LGBTIQ+-Rechte in Europa

LGBTIQ+-Rechte in Europa Deutschland rückt weiter vor in der Gesamtbewertung bei der Rainbow Map

ms - 14.05.2025 - 08:50 Uhr
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Die ILGA Europe hat heute das neue Ranking für 2025 veröffentlicht – in der Rainbow Map finden sich 49 europäische Länder aufgelistet nach ihrer rechtlichen und politischen Einstellungen gegenüber LGBTIQ+-Menschen. An der Spitze steht einmal mehr unangefochten seit inzwischen zehn Jahren Malta gefolgt von Belgien, Island, Dänemark und Spanien. Deutschland konnte sich binnen eines Jahres weiter verbessern und kommt in diesem Jahr auf den achten Platz – 2024 landete die Bundesrepublik noch auf Platz 11 in der Gesamtbewertung. 

Globaler Gegenschlag gegen LGBTIQ+

Andere Länder hingegen rutschten im Ranking ab, Großbritannien verlor bei der Rainbow Map ganze sechs Plätze – ebenso einen starken Rückgang wurde aufgrund von Anti-LGBTIQ+-Gesetzen in Ungarn und Georgien verzeichnet. Die ILGA Europe wertet die jüngsten Daten dabei als Beleg dafür, dass der Abbau von Menschenrechten für Homo- und Bisexuelle sowie queere Personen eine „allgemeine Aushöhlung des demokratischen Schutzes“ in ganz Europa ist. 

Katrin Hugendubel, Direktorin von ILGA-Europe betonte dazu: „Die Entwicklungen in Großbritannien, Ungarn, Georgien und darüber hinaus sind nicht nur ein Zeichen für isolierte Rückschritte, sondern für einen koordinierten globalen Gegenschlag, der auf die Auslöschung von LGBTI-Rechten abzielt und zynisch als Verteidigung der Tradition oder der öffentlichen Stabilität dargestellt wird, in Wirklichkeit aber darauf abzielt, Diskriminierung zu verfestigen und abweichende Meinungen zu unterdrücken.“ Ganz unten im Ranking finden sich wenig überraschend dann auch Russland gefolgt von Aserbaidschan, der Türkei sowie Armenien und Belarus. 

Schutz vor Diskriminierung

Weitere Eckdaten der neusten Ergebnisse: Belgien, Bosnien und Herzegowina, Dänemark, Finnland, Griechenland, Island, Montenegro, Serbien und Spanien sind die einzigen Länder, die in ihren Antidiskriminierungsgesetzen queere Menschen vollständig mit einbeziehen. In sechs Ländern gibt es gar keinen Schutz vor Diskriminierung für LGBTIQ+-Personen. Hassverbrechen und Hassreden aufgrund der sexuellen Ausrichtung, der Geschlechtsidentität und der Geschlechtsmerkmale sind in Belgien, Dänemark, Griechenland, Island, Malta und einigen Regionen in Spanien und dem Vereinigten Königreich verboten. Die menschenverachtenden Konversionstherapien sind nur in zehn der 49 europäischen Ländern verboten. 

Ehe – wirklich für alle?

Der Blick auf die Ehe für alle verrät: Die Gleichstellung der Ehe für homosexuelle Paare gibt es in 22 Ländern, während es in 18 Ländern nach wie vor keinen rechtlichen Schutz für gleichgeschlechtliche Partnerschaften gibt. Nur Deutschland, Griechenland, Island, Malta, Portugal und Spanien verbieten zudem unnötige chirurgische oder medizinische Eingriffe an intersexuellen Kindern. Eine trans* Elternschaft ist in acht Ländern vollständig anerkannt, in zwölf Ländern können trans* Personen auf der Grundlage der Selbstbestimmung eine rechtliche Geschlechtsanerkennung erhalten.

Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit beispielsweise bei Pride-Paraden ist in mindestens vierzehn Ländern für die LGBTIQ+-Community eingeschränkt oder wird angegriffen. Die sexuelle Orientierung sowie die Geschlechtsidentität von Flüchtlingen sind in 27 Ländern Qualifikationskriterien für einen Asylantrag. 

Verbesserungen in Deutschland

Um die rechtliche und politische Situation von LGBTIQ+-Personen in Deutschland weiter zu verbessern, empfiehlt  die ILGA-Europe eine Ergänzung im Grundgesetz (Artikel 3), die ausdrücklich die sexuelle Orientierung, die Geschlechtsidentität und die Geschlechtsmerkmale erwähnt, ein allumfassendes Asylgesetz für queere Flüchtlinge sowie die Reform des Abstammungsrechts für gleichgeschlechtliche Paare sowie die Anerkennung der trans* Elternschaft. Deutschland hat inzwischen 69,10 Prozent von möglichen 100 Prozent im Ranking erreicht, im letzten Jahr lag der Wert noch bei 66,13 Prozent. 

Auch der Verband Queere Vielfalt (LSVD+) schließt sich den Forderungen an: "Dieses wichtige Zeichen muss Motivation für die neue Bundesregierung sein, in ihrer Amtszeit weitere notwendige Schritte für die Menschenrechte von LSBTIQ* und damit die Demokratie im Ganzen zu gehen." Ähnlich sieht das auch der ehemalige erste Queerbeauftragte der Bundesrepublik, Sven Lehmann, der betonte, dass Deutschland Vorreiter in der Queerpolitik bleiben müsse. Zudem gibt Lehmann zu bedenken: "Die internationalen Entwicklungen zeigen: Gleichstellung ist leider keine Selbstverständlichkeit. Europaweit erstarken rechtsextreme und antifeministische Bewegungen, die LSBTIQ*-Rechte gezielt angreifen. Rechtsextreme Parteien konnten europaweit bei jüngsten Wahlen Zugewinne verzeichnen und gefährden damit die hart erkämpften Rechte von LSBTIQ*. In Deutschland ist die Zahl der gemeldeten queerfeindlichen Angriffe so hoch wie nie zuvor. Laut offiziellen Zahlen gibt es derzeit mindestens sechs Angriffe pro Tag. Rechtsextreme mobilisieren offen auf den Straßen gegen queere Menschenrechte. Diese Entwicklungen sind alarmierend und erfordern eine klare Antwort von der neuen Regierung: mehr Schutz, entschlossene Politik gegen Diskriminierung und Solidarität mit LSBTIQ* auf allen Ebenen.“

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