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Laute Kritik an Queer-Politik in der Schweiz
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Kritik an Queer-Politik in der Schweiz Lesben, Frauen- und LGBTI*-Organisation üben Kritik

ms - 03.06.2022 - 13:00 Uhr

Der Verein “Fairplay für Frauen“ sowie die landesweite Schweizer Lesben-Organisation LOS kritisieren aktuelle Entwicklungen in der jüngsten Queer-Politik der Schweiz – rund zwanzig LGBTI*-Gruppen und über 2.300 queere Aktivisten stimmen der Kritik von LOS ebenso zu.

Im Fokus des Fairplay-Vereins steht das neue Selbstbestimmungsgesetz der Schweiz, dass es seit Anfang 2022 allen Einwohnern des Landes ermöglicht, via Sprechakt ihr rechtliches Geschlecht ohne weitere Überprüfung ändern zu lassen. Ähnliches plant die aktuelle Ampel-Koalition auch im kommenden Jahr in Deutschland einzuführen. Der Verein versteht sich selbst als unabhängige und parteiübergreifende Gruppe von Frauen und unterstützenden Männern, die sich konsequent für Fairplay für Frauen einsetzen. Immer wieder hat sich der Verein dabei auch für die Rechte von Schwulen und Lesben engagiert.

Mit Blick auf die sogenannte “Schweizer Self-ID“ stellt der Verein fest, dass das neue Gesetz bereits nach nur wenigen Wochen mehrfach ausgenutzt worden sei. Exemplarisch nennt der Verein dabei einen Mann, der sich nach Angaben der Luzerner Zeitung behördlich als “Frau“ eintragen ließ, um ein Jahr früher in Rente gehen zu können. Das Renteneintrittsalter für Frauen und Männer ist in der Schweiz unterschiedlich. Dabei stellt der Verein fest: „Möglichkeiten, diese Form des Missbrauchs zu verhindern, gibt es nicht – im geplanten deutschen Selbstbestimmungsgesetz übrigens auch nicht.“ Im weiteren Verlauf kritisiert Fairplay für Frauen auch die generelle Stimmungsmache gegen Frauen – so seien transkritische Autorinnen von Veranstaltungen ausgeladen worden und im April 2022 die Fachtagung des “Zentrums für Psychoanalyse“ in Genf von rund 20 trans-Aktivisten gestört und Teilnehmer direkt vor Ort angegriffen worden.

Am schwersten wiegt dabei der Vorwurf, dass Lesben beim diesjährigen Zürich Pride bewusst übergangen worden seien. Der Pride in der einwohnerstärksten Stadt der Schweiz steht dieses Jahr unter dem Motto „trans-Vielfalt-leben“. Dabei soll von den Veranstaltern untersagt worden sein, dass Lesben mit einem eigenen Wagen an der Parade teilnehmen dürfen. „Für Lesben ist da offenbar kein Platz. In der Schweiz wurde erst am 7. Februar 1971 das Frauenwahlrecht auf Bundesebene eingeführt. Offensichtlich ist noch viel zu tun“, so das Fazit von Fairplay für Frauen.

Auch die größte Lesben-Organisation der Schweiz, LOS, kritisierte das Vergabeverfahren des größten Prides in der Schweiz scharf: „Dieses Jahr bleibt die Lesbenorganisation Schweiz als schweizweite Vertretung von Lesben, Bisexuellen und queeren Frauen unsichtbar, weil sie bei der Wagenvergabe nicht berücksichtigt wurde. Als Dachverband vereint die LOS die lesbische Community in der gesamten Schweiz und kämpft für ihre Anliegen. Dass uns das an der diesjährigen Zürich Pride verwehrt wird, gibt uns – und unseren Verbündeten – zu denken. Die Unsichtbarmachung von Lesben hat System: Als Frauen, nicht-​binäre und genderqueere Personen müssen wir doppelt so laut werden, um gehört zu werden: In der Politik, in den Medien, im Ausgang und anscheinend auch bei einer Pride-​Demonstration. An Prides kämpft die queere Community stolz und Seite an Seite für ihre Anliegen. Mit den Ausschlüssen, für die ihr euch entschieden habt, stellt ihr diese Solidarität in Frage. Dagegen wehren wir uns – zusammen mit all jenen, die hier mit unterzeichnen.“

Nebst rund 2.300 Aktivisten stehen auch viele queere Vereine zu dem Statement der LOS, darunter das Transgender Network Switzerland, der Bern Pride, PlanQueer, Queer-Up-Radio sowie auch weitere Pride-Veranstalter, ein Verein von intergeschlechtlichen Menschen und das Pink Cross.

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