Krise bei Terre des Femmes Rechtswidriges Handeln bei Frauenrechtsorganisation Diskussion um biologische Frauen, trans-Frauen und Rechte beider Parteien
Deutschlands größte Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes (TDF) erlebt in diesen Tagen eine massive Führungskrise – jetzt hat ein aktuelles Rechtsgutachten Teilen des Vorstands ein satzungs- und rechtswidriges Handeln attestiert. Hintergrund für die massiven Streitigkeiten ist die Diskussion um biologische Frauen, trans-Frauen und die Rechte beider Parteien.
Zum Hintergrund: Im Jahr 2020 veröffentlichte die Frauenorganisation ein Positionspapier, in dem sie klar Stellung bezog zu den Debatten rund um Frauen, Schutzräume und der Einbeziehung von trans-Frauen in dergleichen. Terre des Femmes hatte so unter der Überschrift "Transgender, Selbstbestimmung und Geschlecht" festgehalten, dass das biologische Geschlecht für die Einschätzung einer Person als Frau maßgeblich ist. Damit positionierte sich die Frauenorganisation klar auf der Seite von anderen Frauen und Feministinnen, die durch das geplante neue Selbstbestimmungsgesetz befürchten, dass ihre Schutzräume von Frauenhäusern bis zu Umkleideräumen obsolet werden, wenn jede Person zutritt erhält, die sich als Frau definiert. Der Streit darum entbrannte in diesem Jahr auch mit ganzer Wucht im Umfeld von Emma-Herausgeberin Alice Schwarzer.
Im Juli dieses Jahres kam dann die überraschende Wende. Der Verein zog das Positionspapier zurück. Wie es zu dieser Entscheidung gekommen ist, ist nicht eindeutig. Teile des Vorstands erklärten den Schritt damit, dass das Positionspapier ohne fundierte wissenschaftliche Expertise geschrieben worden sei. Andere Stimmen erklärten, dass seit der Veröffentlichung des Papiers der Verein immer wieder massiven Angriffen von trans-Aktivisten ausgesetzt gewesen war. Wieder andere spekulierten, der Verein habe aus taktischen politischen Gründen heraus seine Entscheidung revidiert. Geschäftsführerin Christa Stolle hatte im Cicero-Interview erklärt, man mache Politik mit Fakten und nicht mit Ideologien – die Debatte um die Frage, was genau eine Frau ist, bezeichnete sie zudem als kontraproduktiv, spalterisch und destruktiv.
Widerspruch dagegen kam von Inge Bell, ebenso aus dem Vorstand der Organisation. Die Leitung von Terre des Femmes habe eigenmächtig gehandelt, ohne die Mitglieder in diese Entscheidung mit einzubeziehen. Bell zitiert das Rechtsgutachten, das von einer Feudalherrschaft spricht und erklärte überdies, dass die Geschäftsführung und Teile des Vorstands seit Wochen aktiv die Vernetzung und Kommunikation von anderen Vereins-Frauen mit allen Mitteln behindern würden, um eine Debatte in dieser Causa zu verhindern. Zudem würde auch der Wunsch nach einer raschen Mitfrauenversammlung sowie nach Transparenz, Aufklärung und einem basisdemokratischen Verhalten unterbunden werden. Bell erklärte, dass inzwischen rund 200 weitere Mitfrauen des Vereins hinter ihr stehen würden.
Ein Rechtsgutachten hat nun dabei die Aussagen von Bell bestätigt. In der offiziellen Presseerklärung ist festgehalten, dass die Zurücknahme des Positionspapiers nicht rechtmäßig gewesen sei: „Diese eigenmächtige Entscheidung haben 3 von 5 Vorstandsfrauen, darunter die Geschäftsführerin, am 6. Juli getroffen und am 25. Juli zunächst vereinsintern verkündet - gegen das erst kurz zuvor bekräftigte und bindende Mitgliedervotum. Diese Verkündung führte sofort zu einem großen Aufschrei. Denn es war ein antidemokratisches Handeln über die Köpfe von über 2.400 Mitgliedern hinweg – und über die der 2 verbliebenen Vorständinnen.“ Wie es zu diesem außergewöhnlichen Schritt gekommen ist, hält die Gruppe saveTDF in ihrem Schreiben so fest: „Die Geschäftsführerin und Teile des Vorstands scheinen diesen Vereinsrechtsverstoß billigend in Kauf genommen zu haben, weil sie wohl meinten, so den permanenten Drohungen und Anfeindungen einer lauten und teils aggressiven Transrechtsaktivisten-Lobby Einhalt gebieten zu können, denen sich TDF schon seit 2020 ausgesetzt sieht. Die über 2.400 Mitfrauen wurden also ganz bewusst übergangen und vor den Kopf gestoßen.“
Die Initiative strebt nun eine außerordentliche Mitgliederversammlung an, dafür müssen bis Mittwoch um Mitternacht 500 Mitfrauen des Vereins votieren. Nach Angaben der Initiative unterbinde die Vereinsspitze deswegen die interne Kommunikation soweit wie möglich. Dabei sei es auch zu öffentlichen Diffamierungen der eigenen Mitglieder gekommen, die als “extremistisch, spalterisch und radikal“ definiert worden seien. Ferner erklärt die Gruppe mit Blick auf das Rechtsgutachten vom 02. September: „Die Juristen der Rechtsanwaltskanzlei RKA in Hamburg analysieren und bewerten darin verschiedene Aspekte des möglichen Fehlverhaltens des Vorstands von TDF im Zusammenhang mit der Rücknahme des Positionspapiers zu Transgender, Selbstbestimmung und Geschlecht. Das Rechtsgutachten attestiert dem Mehrheits-Vorstand satzungs- und vereinsrechtswidriges Verhalten, aktive Behinderung der Organisation einer außerordentlichen Mitgliederversammlung, die Ausnutzung vorhandener Infra- und Machtstrukturen zur Durchsetzung seiner eigenen Interessen, das Scheitern, die beschlossene Vereinsposition mit Standing und Rückgrat zu vertreten und somit die ´Kapitulation vor einer Aufgabe, der er nicht gewachsen scheint´ - sowie ein ´feudales Grundverständnis seiner Handlungsmacht´: ´Weder Vorstand noch Geschäftsführung sind Feudalherrscher über den Verein, sondern Diener und Exekutivorgan des Willens der Mitfrauenversammlung.´“
Die Initiative stellt somit klar, dass das Positionspapier rechtmäßig noch in Kraft ist und die Zurücknahme desgleichen eine Missachtung des Willens der Mitgliederversammlung gewesen sei. Bis morgen Abend muss sich jetzt zeigen, ob ausreichend Stimmen für eine außerordentliche Mitgliederversammlung zustande kommen, um somit die massiven Streitigkeiten innerhalb der größten Frauenschutzorganisation Deutschlands zu klären.