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Kehrtwende in Großbritannien

Kehrtwende in Großbritannien Ein medizinisches Gutachten vor einem Geschlechtswechsel soll Pflicht bleiben, erklärt die Labour-Oppositionspartei.

ms - 26.07.2023 - 11:00 Uhr
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Die britische Regierung machte zuletzt Schlagzeilen, weil sie das schottische Selbstbestimmungsgesetz mit ihrem Veto gestoppt hatte – dabei bekräftigte die regierende Konservative Partei, die Tories, dass sie starke Bedenken mit den Details des Gesetzvorhabens haben, beispielsweise mit der Idee, dass juristische Geschlechtswechsel bereits Minderjährigen ohne psychologische Betreuung offenstehen sollen. Die Labour-Oppositionspartei indes zeigte sich noch im letzten Jahr offen für die selbstbestimmte Entscheidungsmöglichkeit von Trans-Menschen – das änderte sich jetzt. 

Kehrtwende bei der Selbstidentifizierung

Allem Anschein nach hat die Labour-Partei nun selbst eine inhaltliche Kehrtwende vollzogen und sich der Konservativen Partei in diesem Punkt angenähert. Noch immer spricht sich die Partei zwar für eine „Modernisierung, Vereinfachung und Reform“ des Geschlechtsanerkennungsgesetzes (Gender Recognition Act, GRA) aus, rückte aber jetzt klar und deutlich von den früheren Zusagen zur Selbstidentifizierung ab.

Medizinische Diagnose soll verpflichtend bleiben

Die Labour-Schattenministerin für Frauen und Gleichstellung Anneliese Dodds erklärte gegenüber dem britischen Guardian, dass die Partei sich jetzt ebenso dafür ausspreche, eine „medizinische Diagnose der Geschlechtsdysphorie“ als „wichtigen Teil“ bei einem Geschlechtswechsel beibehalten lassen zu wollen. Auch der Parteivorsitzende Sir Keir Starmer stimmte dem zu und bekräftigte sogar die Entscheidung der Tories.

Dodds erklärte die Kehrtwende mit den Worten: „Eine Geschlechtsumwandlung ist keine Entscheidung, die man leichtfertig trifft.“ Man wolle das Verfahren zwar weiter vereinfachen, sodass eine einzige ärztliche Diagnose der Geschlechtsdysphorie ausreiche, aber gänzlich abschaffen wolle man diese nicht mehr. Derzeit entscheidet ein anonymes Ärzte-Gremium in Großbritannien über einen Geschlechtswechsel.

Labour will aus Schottlands Fehlern lernen

Labour-Schattenministerin Dodds bekräftigte zudem, dass sie das angedachte schottische Selbstbestimmungsgesetz für „leichtfertig“ halte, gerade die Sicherheitsvorkehrungen, um Frauen und Mädchen auch weiterhin in Schutzräumen vor möglichen Übergriffen zu bewahren, seien nicht ausreichend gewesen. „Infolgedessen ist die schottische Regierung immer noch dabei, die Scherben aufzusammeln, ohne dass die Rechte von Transsexuellen weiter vorangekommen sind.“

Die Labour-Partei wolle nicht dieselben Fehler begehen, so Dodds, die weiter erklärte: „Einfach ausgedrückt bedeutet dies, dass es immer Orte geben wird, an denen es vernünftig ist, dass nur biologische Frauen Zugang haben. Die Labour-Partei wird diese Orte verteidigen und für rechtliche Klarheit für die Anbieter eingeschlechtlicher Dienstleistungen sorgen.“

Kritik seitens der Neuausrichtung der Partei kam von der LGBTI*-Organisation Stonewall, die erklärte, das Vereinigte Königreich als internationaler Vorreiter in Sachen LGBTI*-Rechte sei „aus der Spur geraten.“

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