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Kampf dem Virus

Kampf dem Virus Nur leichter Rückgang bei HIV-Neuinfektionen in Amerika!

ms - 02.06.2023 - 13:00 Uhr
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Die amerikanische Gesundheitsbehörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention) hat jetzt eine nüchterne Bilanz über den aktuellen Kampf gegen HIV-Neuinfektionen in den USA gezogen – zwar seien die Neuübertragungen zwischen 2017 und 2021 um 12 Prozent zurückgegangen, doch bleiben die Zahlen dabei weit hinter den Erwartungen zurück.

HIV-Experten indes sehen nach wie vor sogar eine Stagnation im Kampf gegen HIV; dazu kommen dann noch Hiobsbotschaften wie jene vom März dieses Jahres: Ein texanischer Bundesrichter hatte entschieden, dass Krankenkassen und Arbeitgeber nicht mehr verpflichtend die Kosten für die PrEP als HIV-Prävention übernehmen müssen.  

Weniger HIV-Neuinfektionen in anderen Ländern

Die CDC blickt nun auch in andere westliche Länder mit einem ähnlich hohen Standard – dabei fällt die Stagnation Amerikas besonders scharf auf. Nach Angaben der Vereinten Nationen ist im fast gleichen Zeitraum (2015-2021) die jährliche Infektionsrate beispielsweise in den Niederlanden um mehr als 70 Prozent, in Italien um 68 Prozent und in Australien um 44 Prozent gesunken. Die Gesundheitsbehörden des Vereinigten Königreichs verzeichneten im entsprechenden Zeitraum einen Rückgang um die Hälfte.

HIV trifft viele gesellschaftlich benachteiligte Menschen

Gegenüber NBC News erklärten mehrere HIV-Experten, dass die USA bei der HIV-Bekämpfung auch deswegen so weit zurückliegen würden, weil ein nationales Gesundheitssystem und ein Netzwerk von Kliniken für sexuelle Gesundheit fehlen, die öffentlichen Gesundheitssysteme fragmentiert und noch immer massiv unterfinanziert seien und die Abstimmung zwischen Regierung, Wissenschaft, Gesundheitsversorgung und gemeindebasierten Organisationen sehr schlecht sei.

Dazu kommen auch noch Faktoren wie Rassismus oder eine unzureichende Einführung einer evidenzbasierten Behandlung für Drogenkonsumenten. „HIV ist in den Vereinigten Staaten vor allem eine Krankheit derjenigen, die in der Gesellschaft am meisten benachteiligt sind“, so Dr. Boghuma Titanji, Spezialist für Infektionskrankheiten an der Emory University. Dabei zeige sich auch, dass der große Erfolg im Kampf gegen HIV-Neuinfektionen in anderen Ländern auch mit einer größeren Verbreitung der PrEP unter schwulen Männern zurückzuführen ist.

Nur jeder zweite HIV-Positive ist in Behandlung

Schätzungsweise 1,2 Millionen Amerikaner sind mit HIV infiziert, rund 70 Prozent davon sind schwule und bisexuelle Männer. Nach Angaben der CDC sind nur 87 Prozent von ihnen diagnostiziert und nur 58 Prozent befinden sich in Behandlung und haben eine vollständig unterdrückte Viruslast.

Eine erschreckend niedrige Zahl für ein Land wie die USA – in anderen vergleichbaren Ländern Europas liegt die Quote bei weit über 80 Prozent. Dass es überhaupt zu einem Rückgang bei den HIV-Neuinfektionen in den USA gekommen ist, liegt maßgeblich an schwulen Jugendlichen und homosexuellen jungen Männern im Alter zwischen 13 und 24 Jahren, so die CDC weiter. Diese Fokusgruppe sei am empfänglichsten für regelmäßige Tests und die Behandlung mit der PrEP.  

Schadet der US-Kulturkampf auch der Bekämpfung von HIV?

Eines zeigt die neuste Studienlage dabei auch: HIV hat jahrzehntelang die rassischen und sozioökonomischen Verwerfungen in den USA offengelegt, weswegen das Virus unverhältnismäßig oft auch schwarze Amerikaner befallen hat – die Tendenz besteht heute noch: Schwarze und Latinos machen rund 70 Prozent der jüngsten Übertragungen aus. Abschließend befürchtet die CDC, dass gerade auch durch die direkten Angriffe auf die Gay-Community in der Politik auch der Kampf gegen HIV weiter untergraben wird.  

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