Homo-Ehe in Indien? Wird Indien als zweites asiatisches Land die Ehe für Homosexuelle einführen?
Mit Spannung und großen Erwartungen blicken LGBTI*-Aktivisten in diesen Tagen nach Indien – bereits Mitte April könnte die Entscheidung fallen, dass die gleichgeschlechtliche Ehe im zweitbevölkerungsreichsten Land der Welt eingeführt werden soll. Ein Meilenstein für die Rechte von Homosexuellen allgemein und eine Richtungswechsel für die rund 1,4 Milliarden Einwohner des Landes.
Eine Frage der Verfassung
Die konservative indische Regierung unter dem hindu-nationalistischen Premierminister Narendra Modi indes hatte die Tage erneut erklärt, dass sie gleichgeschlechtliche Partnerschaften sowie die Homo-Ehe weiterhin ablehne. Dagegen hatten bereits zuvor mehrere homosexuelle Paare Petitionen eingereicht und sich durch die juristischen Instanzen bis zum Obersten Gerichtshof gekämpft – die Richter dort haben den Fall und die finale Entscheidungsgewalt nun an das Oberste Verfassungsgericht weitergeleitet. Die Frage zur Definition der Ehe betreffe grundlegende Punkte der indischen Verfassung selbst. Das aus fünf Richtern bestehende Gericht wird die Petitionen Mitte April anhören und das Verfahren live auf seiner Website und auf YouTube übertragen.
Premierminister will keine „Einmischung“ der Gerichte
Premierminister Modi bekräftigte im Vorfeld seinen Standpunkt und erklärte mit Blick auf die Richter, dass nicht sie darüber zu entscheiden hätten, sondern ausschließlich das indische Parlament. Jegliche „Einmischung“ würde zu „völliger Verwüstung des empfindlichen Gleichgewichts der persönlichen Gesetze im Land und der akzeptierten gesellschaftlichen Werte" führen, so der Premierminister weiter. Der Oberste Gerichtshof beziehungsweise das Verfassungsgericht hätten die eingebrachten Petitionen zurückweisen müssen. Insgesamt waren in letzter Zeit mehr als 15 Klagen eingereicht worden mit der Aufforderung, homosexuelle Ehen zu legalisieren und gleichzustellen.
Tabuthema Homosexualität
Die gleichgeschlechtliche Ehe sowie generell Homosexualität ist in Indien bis heute größtenteils noch immer stark tabuisiert, die meisten Einwohner sind stark konservativ und religiös geprägt. Lediglich in den großen Städten gibt es vereinzelt Anlaufstellen für Homosexuelle und queere Menschen. Der Oberste Gerichtshof hatte Homosexualität zwar bereits im Jahr 2018 entkriminalisiert, indem die Richter das Verbot von homosexuellem Sex aufhoben – das Gesetz stammte noch aus der Kolonialzeit; an der allgemeinen Einstellung gegenüber Homosexuellen hat dies allerdings nur bedingt etwas geändert.
Bis heute gibt es auch keine Anti-Diskriminierungsgesetze, die Schwule und Lesben schützen würden. Bereits vier Jahre zuvor im Jahr 2014 kannte Indien allerdings Trans-Personen als „drittes Geschlecht“ an. Geschätzt anhand von Studien des Gallup Instituts leben in Indien wahrscheinlich bis zu rund 100 Millionen LGBTI*-Menschen, der allergrößte Teil davon sind Homo- und Bisexuelle.
Meilenstein für die Gay-Community
Bereits jetzt kann der Gang vor der Oberste Verfassungsgericht als Meilenstein für die LGBTI*-Community verstanden werden. Ähnlich sieht das auch die Anwältin Niharika Karanjawala, die eine klagende Partei vertritt und gegenüber der Deutschen Welle erklärte: „Wir sind sehr froh, dass diese Angelegenheit vor einem Verfassungsgericht verhandelt wird, da wir der Meinung sind, dass es sich um eine Frage der grundlegenden Verfassungsrechte handelt.“ Sollte die Klage tatsächlich Erfolg haben, wäre das Land nach Taiwan erst das zweite asiatische Land, das gleichgeschlechtliche Partnerschaften anerkennt.