HIV-Forschung Kein erhöhtes Risiko für Herzerkrankungen bei HIV-Medikamenten?
Gute Nachrichten aus der Schweiz für alle Menschen mit HIV: Der Beginn einer Behandlung mit einem sogenannten Integrasehemmer führt bei HIV-positiven Personen höchstwahrscheinlich nicht zu einem erhöhten Risiko für einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder Herzoperationen – so die neuste Datenlage der Schweizer HIV-Kohortenstudie. Bisher war ungewiss, ob Integrasehemmer das kardiovaskuläre Risiko ansteigen lassen. Generell zeigen Studien der letzten Jahre auf, dass Menschen mit HIV ein erhöhtes Risiko für Krebs- und Herzerkrankungen haben, die Arzneistoffe haben darauf aber wahrscheinlich weniger Einfluss als bisher angenommen.
Befürchtungen nicht bestätigt
Bei den Integrasehemmern oder auch Integraseinhibitoren handelt es sich um Medikamente mit Wirkstoffen, die das Schlüsselenzym Integrase von Retroviren wie HIV hemmen. Wie bei jeder neuen Art von Medikament dauert eine groß angelegte Studie über ihre Auswirkungen auf Herzkrankheiten eine gewisse Zeit, im Jahr 2005 begannen die ersten klinischen Studien dazu. Bisher war festgehalten worden, dass Menschen mit HIV unter der Einnahme von Integrasehemmern zumeist an Gewicht zunehmen, sodass ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen befürchtet worden war. Dr. Bernard Surial von der Schweizer HIV-Kohortenstudie kann diese Befürchtungen nach aktueller Datenlage nicht bestätigen, erklärte aber auch, dass größere internationale Kohortenverbünde diese Analyse wiederholen würden.
Komplexe Forschungslage und offene Fragen
Ziel sei es, weitere Klarheit über die Behandlung mit Integrasehemmern zu erlangen, noch dazu, wo es bis heute keine einheitliche Faktenlage gibt und Langzeitwirkungen bisher wenig erforscht sind. Eine US-Studie mit mehr als 20.000 HIV-Patienten stellte so auch fest, dass bei einer Therapie mit Integrasehemmern nur ein geringeres Risiko für ein schweres kardiovaskuläres Ereignis vorhanden ist.
Das RESPOND-Kohortenkonsortium indes, welches sich auf Daten aus Europa, Argentinien und Australien bezieht, erklärte jedoch, dass die Einnahme eines Integrasehemmers das Risiko eines kardiovaskulären Ereignisses sehr wohl in den ersten zwei Jahren der Behandlung erhöhen könne, danach allerdings wieder absinkt. Warum dies so ist, ist noch ungeklärt. Die Forschung in diesem Bereich ist auch deswegen so komplex, weil auch anderweitige, begleitende Krankheitsbilder, sogenannte Komorbiditäten, das Studienergebnis beeinflussen können.