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Rechtshilfe für LGBTI*-Flüchtlinge
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Hilfe für LGBTI*-Flüchtlinge Bundesinnenministerium gibt Startschuss für Asyl-Rechtshilfe

ms - 01.02.2023 - 11:24 Uhr

Eine besondere Rechtsberatung für queere Verfolgte – dafür hat das Bundesinnenministerium gestern den Startschuss gegeben. Die Umsetzung soll im Rahmen der ebenfalls im Koalitionsvertrag vereinbarten Reform der Asylverfahrensberatung (AVB) erfolgen. Die besondere Rechtsberatung richtet sich dabei „insbesondere an queere sowie weitere vulnerable Schutzsuchende“. LGBTI*-Organisationen können bis Ende dieses Monats eine Förderung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) beantragen.

Wenig Vertrauen anfangs gegenüber staatlichen Stellen

Für den Lesben- und Schwulenverband Deutschland ist die jetzt beschlossene neue Rechtsberatung ein positives Signal seitens der Bundesregierung, so Patrick Dörr aus dem LSVD-Bundesvorstand: „Die Einführung der besonderen Rechtsberatung für queere Verfolgte stellt einen weiteren wichtigen Baustein zum besseren Schutz lesbischer, schwuler, bisexueller, trans-, intergeschlechtlicher und queerer Geflüchteter in Deutschland dar. Denn: Sehr viele queere Menschen, die in ihren Heimatländern Gewalt und Ächtung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität erfahren haben, trauen sich eben nicht, sich bereits kurz nach ihrer Ankunft in Deutschland gegenüber den staatlichen Stellen oder auch kirchlichen Trägern zu outen. Sehr häufig sind es Mitarbeitende von LSBTIQ*-Anlaufstellen, denen sie sich das erste Mal anvertrauen und bei denen sie Rat und Unterstützung suchen. Es ist daher nur folgerichtig, dass auch die Beratung für die Asylverfahren durch diese Anlaufstellen erfolgt. Dies ermöglicht die Unterstützung aus einer Hand, da viele queere Vereine auch niedrigschwellige soziale Angebote anbieten, bei denen sich Geflüchtete austauschen, Anschluss finden und erste Schritte zu sozialer Teilhabe gehen können.“

Einsatz vieler LGBTI*-Organisationen gefordert

Der LSVD hofft nun mit Blick auf die besondere Rechtsberatung, dass möglichst viele LGBTI*-Organisationen Förderung beim Bundesamt beantragen werden. „Der Bedarf nach Asylverfahrensberatung bei LSBTIQ* Geflüchteten ist anhaltend hoch. Langfristig ist es wichtig, dass die gesamte Asylverfahrensberatung finanziell besser ausgestattet und ihre Qualität gesichert wird, um eine bedarfsgerechte Versorgung zu gewährleisten“, so Dörr weiter.

Deutsche Bürokratie verhindert teilweise Reformpläne

Der LSVD begrüßt dabei ausdrücklich die Einführung und sieht sie in einer Reihe mit Reformen, die die Ampel-Koalition zuletzt durchgesetzt an, allen voran die Abschaffung der sogenannten Diskretionsprognosen im Januar dieses Jahres, bei denen LGBTI*-Flüchtlinge aus homophoben Staaten jahrelang aufgefordert worden waren, in ihre Heimat zurückzukehren und ihre sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität zu verstecken, um so einer möglichen Verfolgung zu entgehen.

Der LSVD verweist zudem auf die Zusage der Bundesregierung vom Oktober letzten Jahres, auch LGBTI*-Flüchtlinge aus Afghanistan aufzunehmen. Hier allerdings ist auch nach rund drei Monaten bis heute kein einziger LGBTI*-Afghane in der Bundesrepublik angekommen, hauptsächlich aufgrund der schleppenden Bürokratie in Deutschland. Die Lage in Afghanistan eskaliert dabei von Tag zu Tag immer mehr und LGBTI*-Aktivisten sind sich sicher, dass die Taliban in wenigen Monaten alle homosexuellen und queeren Menschen aufgespürt, inhaftiert oder ermordet haben werden.

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