Grindr – eine Gefahr für Schwule? Datenklau und Anonymität für Serienmörder?
Die beliebte schwule Dating-App Grindr ist in den letzten Wochen gleich mehrfach in die Kritik geraten. Zunächst sorgte eine Mordserie in Spanien für Aufsehen – ein junger Mann hatte sich über Grindr mit seinen späteren Opfern verabredet, diese dann betäubt und ermordet.
Momentan geht die baskische Polizei von mindestens vier ermordeten schwulen Männern aus, wobei die tatsächlichen Zahlen mehr als doppelt so hoch sein könnten. Ende dieser Woche hatte sich ein Verdächtiger nach einer landesweiten Fahndung der Polizei gestellt. Es ist dabei nicht das erste Mal in den letzten Jahren, dass Kriminelle ganz bewusst über Grindr nach potenziellen Opfern Ausschau halten.
Natürlich kann der App-Anbieter nichts für die Morde, doch steht Grindr in Spanien einmal mehr im Zentrum einer Debatte innerhalb der Community mit der Frage, wie sicher solche oder andere App-Anbieter für schwule Männer tatsächlich sind.
Die Anonymität schafft auf der einen Seite zwar eine Sicherheit, die sie auf der anderen Seite aber auch massiv gefährdet. Grindr ist dabei nach wie vor die, am weltweit meistgenutzte Dating-App für schwule Männer.
Mit Stand 2021 hat Grindr rund 27 Millionen Nutzer in mehr als 190 Ländern.
Immer wieder gerät der Anbieter auch anderweitig in die Kritik. Die App ermöglicht es Nutzern, den genauen Aufenthaltsort ihres Gegenübers zu lokalisieren – ein Angebot, das gerade in solchen Ländern problematisch ist, in denen homosexuelle Männer von Seiten des Staates noch immer systematisch verfolgt werden.
Auch mit den gesammelten Informationen und dem Datenschutz scheint es Grindr nicht so genau zu nehmen. Erstmals ausführlich darüber diskutiert wurde 2018, als bekannt wurde, dass Grindr Nutzerdaten wie den Wohnort, Alter, E-Mail-Adresse, sexuelle Orientierung und HIV-Status der User an zwei externe amerikanische Softwarefirmen weitergegeben hatte.
Im Januar 2021 gab die norwegische Aufsichtsbehörde Datatilsynet bekannt, gegen Grindr wegen der Weitergabe der Daten an zahlreiche Werbepartner ein Bußgeld in Höhe von umgerechnet fast zehn Millionen Euro zu verhängen – das entspricht etwa zehn Prozent des weltweiten Jahresumsatzes von Grindr.
Jüngst meldete sich nun auch das Wall Street Journal zu Wort – die New Yorker Zeitung deckte auf, dass Grindr über Jahre hinweg auch die Bewegungsdaten ihrer schwulen Kunden gesammelt und an digitale Werbenetzwerke verkauft haben soll.
In Verbindung mit weiteren sensiblen Daten, so das Wall Street Journal, sei es so seit 2017 möglich gewesen, schwule Menschen, ihre Identität sowie ihr soziales wie berufliches Umfeld sehr genau zu erfassen und auszuspionieren.
Grindr selbst hatte gegenüber der Zeitung erklärt: "Die beschriebenen Aktivitäten sind mit den gegenwärtigen Privatsphäre-Regeln, die seit zwei Jahren gelten, nicht mehr möglich.“