Folter in der Türkei Amnesty International kritisiert Polizeigewalt bei Demonstrationen
Seit Jahren greift die türkische Regierung gezielt die Community an und versucht, Demonstrationen wie CSDs systematisch zu verbieten; gegen Pride-Teilnehmer geht die Polizei dabei Jahr für Jahr sehr gewaltsam vor. Zuletzt kam es im März beim Internationalen Frauentag zu massiven Ausschreitungen, 112 Personen wurden verhaftet, darunter auch LGBTIQ+-Menschen. Amnesty International verurteilt das Vorgehen jetzt scharf und spricht von „unverhältnismäßiger und rechtswidriger Polizeigewalt“.
Fälle von Folter
Mit Schlagstöcken, Tränengas sowie Plastik- und Gummigeschossen wird immer wieder gegen friedliche Demonstranten vorgegangen. „Nach neuen Recherchen von Amnesty stellen die dokumentierten Gewalttaten grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung dar und können in manchen Fällen als Folter eingestuft werden. Die türkischen Behörden müssen diese Menschenrechtsverletzungen unabhängig und transparent untersuchen, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen“, so die Menschenrechtsbehörde.
Die Organisation hat Aussagen von Betroffenen zusammengetragen, die Opfer dieser Polizeigewalt geworden sind. Immer wieder berichten darin Menschen von Angriffen mit Schlagstöcken und Pfefferspray oder der Tatsache, dass sie „um ihr Leben rennen“ mussten. Wurden Demonstranten erwischt, packten sie die Polizisten brutal an den Haaren und warfen sie zu Boden, bevor sie sie weiter malträtierten. „Mit Wasserwerfern, Pfefferspray, Tränengas und Gummigeschossen zielten sie aus nächster Nähe direkt auf Kopf und Oberkörper, was zahlreiche Verletzungen verursachte. Viele Betroffene mussten anschließend im Krankenhaus behandelt werden. Diese Angriffe verletzten nicht nur das Recht auf friedlichen Protest, sondern verstießen in einigen Fällen auch gegen das absolute Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung – eines der grundlegenden Prinzipien der Menschenrechte“, so Amnesty weiter.
Willkürliche Festnahmen – auch von Journalisten
Allein im März dieses Jahres wurden insgesamt fast 1.900 Menschen verhaftet, über 300 kamen in Untersuchungshaft, darunter vor allem junge Studenten wie auch queere Personen. Hunderte weitere Personen wurden mit Hausarrest, Auslandsreiseverboten und Meldepflichten belegt. Dabei macht die Polizei offenbar auch vor Journalisten nicht mehr Halt, im März wurden sieben Reporter in ihren Wohnungen festgenommen. Zusammen mit mehreren weiteren Journalisten wurden sie wegen angeblicher Verstöße gegen das Versammlungs- und Demonstrationsgesetz angeklagt.
Zudem versuchen die türkischen Behörden, die Kommunikation während den Demonstrationstagen auszuschalten und hat laut der Organisation NetBlocks strikte Beschränkungen für soziale Medien und Messaging-Apps angeordnet. Eine Besserung der Lage gerade für die queere Community scheint dabei nicht in Sicht – im Gegenteil sogar. Aktuell arbeitet die Regierung an einem extremen LGBTIQ+-Verbotsgesetz mit Haftstrafen von bis zu 16 Jahren.