Flucht aus Tschetschenien Das Martyrium eines jungen schwulen Tschetschenen ist vorbei
Im Sommer 2022 war Rizvan Dadayev in Tschetschenien festgenommen worden, weil er schwul ist – in einem Video hatten ihn seine Entführer gezwungen, seine sexuelle Orientierung zuzugeben und zu erklären, dass er auf der Suche nach Sex mit einem anderen Mann gewesen sei. Kurz darauf verschwand der junge Mann spurlos – jetzt gelang Dadayev die Flucht.
Monatelange Folter durch Polizisten
Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation SK SOS gegenüber der Moscow Times war er monatelang im Keller einer Polizeistation in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny festgehalten und dabei immer wieder brutal gefoltert worden. Mehrere Beamte sollen den jungen Schwulen auch des Öfteren bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen und misshandelt haben, darunter auch der örtliche Polizeichef.
Ein anderer Beamter, der ihn ebenso attackierte, soll zur Familie des Präsidenten Ramsan Kadyrow gehören, der selbst immer wieder offen zur Gewalt gegenüber Homosexuellen aufgerufen hat. An anderer Stelle erklärte er salopp, in Tschetschenien gäbe es gar keine homosexuellen Männer.
Flucht aus Russland
Warum der Mann schlussendlich Ende 2022 wieder freigelassen wurde, ist unklar – nach Angaben der örtlichen Polizei habe man einen medialen Aufschrei von LGBTI*-Aktivisten schlussendlich vermeiden wollen. Seitdem war Dadayev auf der Flucht, verbrachte eine Zeit auch in Russland, wo ihm jederzeit drohte, erneut verhaftet zu werden.
Mit Hilfe der Menschenrechtsorganisation gelang ihm jetzt offenbar die Flucht nach Europa, wo er aktuell lebt. Ein konkretes Land will SK SOS bewusst nicht nennen, denn es ist zu befürchten, dass der junge schwule Mann ansonsten entführt und nach Tschetschenien zurückgebracht wird. In einem Video versicherte der junge Tschetschene, dass es ihm inzwischen wieder gut gehe und er ein Leben lang eine tiefe Dankbarkeit gegenüber seinen Helfern verspüren werde.
Zahlreiche Folter-Berichte
Dadayev ist der jüngste Fall von zahlreichen nachweisbaren Berichten in den letzten Jahren, die immer wieder die grausamen Folterungen von Schwulen in der überwiegend muslimischen russischen Republik Tschetschenien festgehalten haben.
Zuletzt verdichteten sich so auch die Hinweise im letzten Jahr, dass Präsident Kadyrow den bekannten tschetschenischen schwulen Popstar Zelimkhan Bakaev (25) vor einigen Jahren entführen und schlussendlich ermorden ließ. SK SOS hat indes bereits rund 370 Personen zur Flucht aus der Region verhelfen können.