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Fanatischer Hass
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Fanatischer Hass Viele LGBTIQ+-Bücher wurden ein Raub des Feuers im US-Bundesstaat Ohio - Applaus kommt von rechten Nationalisten

ms - 15.05.2025 - 15:00 Uhr
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Es ist nicht das erste Mal in den USA, dass Bücher mit LGBTIQ+-Inhalten als Zeichen des Protestes verbrannt werden – der jüngste Fall schockiert dennoch, auch deswegen, weil sich die Rahmenbedingungen landesweit offenbar geändert haben und die Aktion immer mehr Applaus von Konservativen und Hardlinerin bekommt. 

Hass auf Schwarze, Juden und LGBTIQ+

Im US-Bundesstaat Ohio entlieh ein Mann einhundert Bücher bei der örtlichen Bibliotheksfiliale in Cleveland, wobei sich die Werke allesamt mit der schwarzen, jüdischen sowie der LGBTIQ+-Geschichte befasst haben. Nach Angaben der zuständigen Polizei des Beachwood Police Departments war der Täter erstmals in der Bücherei und hatte sich zuvor einen Bibliotheksausweis ausstellen lassen. Auf Rückfrage eines Mitarbeiters der Cuyahoga County Public Library hatte der Mann erklärt, sein Sohn sei LGBTIQ+ und er versuche deswegen, mehr über die Community in Erfahrung zu bringen.  

Mit dieser Lüge schaffte es der Mann, die einhundert Bücher im Wert von rund 1.700 US-Dollar zu entleihen, die er anschließend in Brand setzte und den gesamten Vorfall filmte, bevor er das Video online stellte. Auf Foren, die offenbar vornehmlich von Nationalisten und Neonazis sowie einflussreichen Persönlichkeiten der rechten Szene frequentiert werden, bekam der Täter für die Aktion in kurzer Zeit sehr viel Zuspruch und Applaus – schnell verbreiteten sich die Videos daraufhin landesweit. Das Bedenkliche: Immer mehr Menschen sowie auch einzelne Politiker bekundeten ihre Zustimmung. 

Schock und Widerstand 

Nicht nur die LGBTIQ+-Community sowie mehrere queere Verbände zeigten sich erschüttert von der Bücherverbrennung selbst wie auch von den landesweiten Reaktionen darauf – etwas, das bis vor wenigen Jahren offenbar noch undenkbar schien. Auch der Verein für Christen, Juden und Muslime, die Interfaith Group Against Hate, verurteilte die Tat und erklärte, man wolle eintausend neue Bücher sammeln und sie der Bibliothek übergeben. 

„Wer auch immer die Idee für richtig hält, dass man uns aus Cleveland verbrennen, aus Cleveland abschieben und unsere Ideen verleugnen und uns unterdrücken und uns in die Ecke drängen kann, denen sei gesagt: Ihr habt euch die falsche Gemeinde ausgesucht! Diese Gemeinschaft wird weiterhin mit Liebe reagieren. Lasst uns diesen Moment nutzen, um nicht in Angst zu verharren, sondern uns gegen diesen unterdrückerischen Akt zu stellen und unsere Überzeugungen zu vertiefen, um mehr über den Glauben, die Ethnie, die Kultur und die Werte der anderen zu erfahren,“ so Rabbiner Robert Nosanchuk von Mishkan Or gegenüber NBC. Auch andere Glaubensvertreter stimmten dieser Aufforderung zu, darunter Pfarrer Ryan Wallace von der Fairmount Presbyterian Church: „Wir wollen diesen Akt des Hasses in ein starkes Symbol der Einheit, Solidarität und Liebe verwandeln.“ 

Von politischer Seite gab es ebenso viel Widerspruch. Der demokratische Senator Kent Smith sagte: „Ich verurteile diese Tat nicht nur, weil sie ein Verbrechen gegen unsere Institutionen und unsere Gemeinschaft ist, sondern auch, weil sie grundsätzlich unamerikanisch ist. Dieser Gewaltakt ist nicht nur ein Verbrechen gegen den öffentlichen Literaturkatalog, der zerstört wurde, sondern auch ein Verstoß gegen den Markt der Ideen, der ein Grundprinzip des amerikanischen Lebens ist. Die Taten dieses Mannes können nicht toleriert werden!“ 

Ob es tatsächlich zu einem juristischen Nachspiel für den Täter kommt, ist aktuell fraglich, derzeit prüft die Staatsanwaltschaft, ob überhaupt eine Anklage gerechtfertigt ist. Wahrscheinlich handelt es sich „nur“ um eine zivilrechtliche Angelegenheit, bei der die Bücher schlussendlich dem Täter in Rechnung gestellt werden – bei Nichtbezahlung greift dann das Inkasso. 

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