Familiengründung nach Outing Der chilenische Spitzenturner Tomás González spricht erstmals über seine Homosexualität
Turner Tomás González (37) nahm für Chile drei Mal an den Olympischen Spielen teil. Jetzt, kurz vor Ende seiner Sportler-Karriere, outete er sich in seiner Autobiografie „Champion: Lektionen, Triumphe und Stürze eines olympischen Turners“ als schwul.
„Kein Thema mehr“
Seine sexuelle Orientierung bestätigte González noch einmal im Interview mit der chilenischen Zeitung La Tercera. „Ich nehme an, es ist kein Thema mehr“, sagte er dort. „Aber ja, ich bin schwul.“ Für sein Coming-out wählte der Turner bewusst seine Autobiografie, um es so weit wie möglich von seinen sportlichen Leistungen zu distanzieren. Er habe kein Interesse daran, sich „aktiv an der Politik zu beteiligen“, erklärte González dazu. Zwar werde er „gleiche Rechte für alle immer unterstützen“, habe sich jedoch nicht mit dem Ziel geoutet, um seine Sport-Karriere für den Aktivismus zu nutzen.
Sein Weg zum Glück
Seit sechs Jahren ist González in einer festen Beziehung. Jetzt möchte er seinen Partner heiraten und mit ihm zusammen eine Familie gründen. Doch der Weg bis zu diesem Wunsch war kein einfacher: Als Gonzáles mit 24 Jahren realisierte, dass er sich zu Männern hingezogen fühlt, war er sehr unglücklich: „Ich habe damals viel geweint“, offenbarte González.
„Ich war dabei, mich mit meiner Homosexualität zu arrangieren“, so der Sportler weiter. „Dabei hatte ich das Gefühl, dass auch ein Teil von mir stirbt.“ Gegenüber El Desconcierto erklärte er: „Schließlich wächst man in einer heteronormativen Gesellschaft auf, die einen noch immer prägt.“ Er sei froh, dass sich die Dinge langsam ändern und die neuen Generationen „viel entschlossener“ und weniger religiös „vorbelastet“ seien.
Schwulenhass im Turn-Sport
Bei internationalen Wettstreiten war der Australier Heath Thorpe laut Outsports bislang der einzige offen schwule männliche Turner. Auch unter den 186 queeren Sport-Profis bei der Olympiade in Tokyo war nur eine Turnerin. González glaubt, dass die geringe Zahl an offen queeren Turnerinnen und Turnern mit dem Weltbild des Turn-Sports zusammenhängt: „Machismo und Homophobie“ existierten nicht nur innerhalb der Gesellschaft, sondern „auch in der Turnhalle“.
Das habe er schon am eigenen Leibe erlebt: In seiner Autobiografie schreibt González davon, dass ein Trainer ihn 2007 als „Schwuchtel“ beschimpft habe, als er während eines Turniers stürzte. Rückblickend muss er sich heute eingestehen: „Ich war bereit, meine geistige Gesundheit zu opfern, um zu den Olympischen Spielen zu gelangen.“
Drei Mal in Olympia
Gonzáles nahm 2012 an den Olympischen Spielen in London teil. Auch bei den beiden darauffolgenden Olympia-Terminen 2016 in Rio und 2021 in Tokyo war er dabei. Leider reichte es nie für einen Platz auf dem Treppchen. Auf den vierten Platz schaffte er es bei den Spielen in London in zwei Wettbewerben. Bei den Panamerikanischen und den Südamerikanischen Spielen erturnte Gonzáles hingegen zahlreiche Medaillen.