Erste trans-OP im Gefängnis Debatte um trans-Menschen in Haft neu entfacht
Zum ersten Mal in der Geschichte Amerikas hat ein Bundesgericht nun eine geschlechtsangleichende Operation für einen trans-Häftling angeordnet. Dabei handelt es sich um die trans-Frau Cristina Nichole Iglesias, die seit mehreren Jahren darum gekämpft hatte, eine operative Behandlung zugesprochen zu bekommen.
Das US-Bezirksgericht für den südlichen Bezirk von Illinois wies die verantwortliche Behörde, das Federal Bureau of Prisons (BOP), diese Woche an, zeitnah und landesweit nach einem qualifizierten Chirurgen zu suchen, der die Operation für die Strafgefangene Iglesias durchführen kann. Seit sechs Jahren kämpfte die inhaftierte trans-Frau um diese Entscheidung, drei Jahre allein vergingen mit mehreren Klagen vor Gericht. Iglesias ist seit 1994 wegen der Androhung des Einsatzes einer Massenvernichtungswaffe inhaftiert.
"Ich bin zuversichtlich, dass ich endlich die Behandlung bekomme, die ich brauche, um mein Leben als die Frau zu leben, die ich bin", sagte Iglesias in einer Erklärung gegenüber NBC News. "Das BOP hat mir jahrelang eine geschlechtsangleichende Operation verweigert - und erfand immer wieder neue Ausreden und legte mir neue Hindernisse in den Weg. Ich bin dankbar, dass das Gericht die Dringlichkeit meines Falles erkannt und das BOP nun zum Handeln aufgefordert hat."
Der aktuelle Fall ist aus zwei Gründen von besonderer Bedeutung. Zum einen könnte der Gerichtsbeschluss eine Signalwirkung und ein Präzedenzfall für andere trans-Gefangene werden, die ebenfalls eine geschlechtsangleichende Operation wünschen. Bisher war der berühmteste Fall eines trans-Outings aus dem Gefängnis heraus der Fall des Whistleblowers Manning, der sich 2013 als trans outete und den Vornamen Chelsea annahm.
Die Lage von trans-Personen im Gefängnis ist dabei oftmals schwierig, 35 Prozent von ihnen gaben in einer Umfrage des US-Justizministeriums 2015 an, innerhalb eines Jahres hinter Gittern sexuell angegriffen worden zu sein. Unter der Trump-Regierung war das BOP dazu verpflichtet worden, bei der Unterbringung von transsexuellen Gefangenen zunächst das biologische Geschlecht zugrunde zu legen.
Dabei scheint sich die Situation in den vergangenen Jahren nicht wesentlich verbessert zu haben – eine Untersuchung von NBC News aus dem Jahr 2020, durchgeführt in 45 Bundesstaaten, ergab, dass von den rund 4.900 trans-Insassen in staatlichen Gefängnissen nur 15 Personen entsprechend ihrem gelebten Geschlecht untergebracht worden sind. Auch deswegen bezeichneten mehrere LGBTI*-Aktivisten das jüngste Urteil des Bundesgerichts jetzt als "lebensrettend", welches zudem das Ziel der Biden-Regierung unterstützen könnte, das Leben inhaftierter trans-Personen zu verbessern.
Im Januar erst hat die Regierung die Richtlinien aus der Obama-Ära für Bundesgefängnisse wieder eingeführt, nach denen trans-Insassen nach ihrer Geschlechtsidentität untergebracht werden sollen, "wenn dies angemessen ist". Die Richtlinien verlangen auch, dass das Gefängnispersonal transsexuelle Insassen mit ihrem gelebten Namen und Pronomen anspricht.
Zum anderen dürfte die Entscheidung auch deswegen eine große Bedeutung bekommen, weil es die Diskussion um trans-Personen und ihre Selbstdefinition weiter befeuert. Ähnlich wie in Deutschland wurde auch in den USA immer wieder die Frage aufgeworfen, wie künftig beispielsweise mit männlichen Gefängnisinsassen umzugehen ist, die sich via Sprechakt als trans definieren und infolgedessen eigentlich in ein Gefängnis für Frauen transportiert werden müssten. Feministinnen wie Juristen kritisieren diese Pläne stark – in den USA gibt es in dieser Frage vor allem auch von konservativen Politikern starke Bedenken, so dass das jetzige Urteil die Debatte insgesamt weiter befeuern dürfte.