Direkt zum Inhalt
Eklat in England

Eklat in England Ein Gerichtsurteil mit nationaler Wirkung: Polizisten dürfen nicht mit der Progress-Pride-Flagge marschieren

ms - 17.07.2025 - 13:00 Uhr
Loading audio player...

In Großbritannien sorgt die Entscheidung eines Richters in diesen Tagen für ungläubige Verstimmung in der queeren Community: Das Gericht verbietet künftig der Polizei, dass uniformierte Beamte bei Pride-Veranstaltungen unter einer Progress-Pride-Flagge mitmarschieren. 

Unparteilichkeit der Polizei

Nach Angaben des Richters Justice Linden widerspreche die Progress-Pride-Flagge nicht nur dem Neutralitätsgebot von staatlichen Behörden, sondern sei zudem auch ein Beleg für die Voreingenommenheit gegenüber „geschlechterkritischen“ Demonstranten. Als Polizisten zuerkennende Beamte hätten gerade bei Pride-Paraden aber die Pflicht, Unparteilichkeit aufzuzeigen.

Hintergrund der Gerichtsentscheidung ist die letztjährige Pride-Parade in Northumbria in Nordengland, bei dem Polizisten aus der Region mitgelaufen waren – mit Zustimmung des Polizeipräsidenten. Die Pride-Teilnehmerin Lindsey Smith strengte daraufhin eine gerichtliche Überprüfung an und klagte. Gegenüber der britischen Times erklärte sie, dass mit einer solchen Aktion Polizeibeamte „mit Botschaften in Verbindung gebracht werden, die die Sache der Gender-Ideologie unterstützen.“ Erschwerend sei hinzugekommen, dass auch die Polizeiwagen mit den Farben der Progress-Flagge dekoriert worden waren. Smith, die die Gender-Ideologie kritisch sieht, habe sich dadurch in ihrer persönlichen Sicherheit bedroht gefühlt. 

Befangenheit gegenüber Demonstranten?

Richter Linden stimmte der Klage nun zu. Sowohl Polizei wie Polizeipräsident hätten gegen ihre Pflicht zur Unparteilichkeit verstoßen. „Die Tatsache, dass sie ihre Uniformen trugen, als ein Kontingent marschierten und die Police Pride- und andere Fahnen trugen, zeigte ihre Unterstützung für die Sache als Polizeibeamte. Es ist nicht schwer, sich Umstände vorzustellen, unter denen die betreffenden Beamten aufgefordert werden könnten, sich mit einem Zusammenstoß zwischen geschlechterkritischen Menschen und Anhängern der Gender-Ideologie zu befassen – das wären Situationen, in denen die Ersteren Anlass zur Sorge haben könnten, ob sie unparteiisch behandelt werden“, so Linden in seiner Begründung. Im schlimmsten Fall könne es dazu führen, dass Polizeibeamte bewusst wie unbewusst in Versuchung geführt würden, eine „geschlechterkritische Person von der Demonstration zu verweisen.“ 

Urteil landesweit von Bedeutung

Queere Vereine wie Stonewall zeigten sich in ersten Statements entsetzt über das Urteil, auch deswegen, weil es landesweit von Bedeutung sein dürfte, wie auch Smiths Anwalt Paul Conrathe gegenüber der Times bekräftigte. „Unter Bezugnahme auf die sogenannte Gender-Ideologie muss die britische Polizei über dem Streit stehen und es vermeiden, in umstrittenen Fragen Partei zu ergreifen“, so der Anwalt weiter. 

Die betreffende Polizeidienststelle von Northumbria erklärte, man wolle das Urteil zeitnah durcharbeiten – die nächste Pride-Parade in der Stadt findet bereits an diesem Wochenende statt. Zudem betonten die Bobbies, dass es ihr primäres Ziel beim CSD-Marsch im letzten Jahr gewesen sei, Vertrauen aufzubauen und mit Menschen in Kontakt zu treten.  

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Neue Richtlinien beim Dating

Großbritannien verschärft Regeln

Wer ab heute in Großbritannien eine schwule Dating-App öffnen will, braucht eine Altersverifikation - auch als Tourist. Ein Vorbild für Deutschland?
Ende der Antidiskriminierung

Queere Petition als letzte Rettung?

Die EU hat das geplante Antidiskriminierungsgesetz ad acta gelegt, Kritiker befürchten massive Einschnitte, queere Vereine fordern nun ein Umdenken.
Ermittlung gegen Bürgermeister

Vorgehen nach Budapest Pride

Ungarn macht ernst: Budapests Bürgermeister Gergely Karacsony muss kommende Woche zum Polizeiverhör erscheinen, weil er den CSD möglich machte.
Regenbogen über dem Bundesrat

Pride-Flagge wird zum CSD gehisst

Der Streit geht weiter: Der Bundesrat wird zum Berliner CSD die Regenbogenfahne hissen - anders als am Bundestag.
Freiheit für Hernández Romero

125 Tage im Foltergefängnis

Der schwule Maskenbildner Andry Hernández Romero ist frei! Die USA hatte ihn zuvor ohne Prozess in ein Foltergefängnis nach El Salvador abgeschoben.
Peter Schmidt ist tot

Hamburger Designer von Weltruf

Das lila Design von Milka oder ikonische Parfümflakons: In seiner Wahlheimat Hamburg verstarb der schwule Star-Designer Peter Schmidt mit 87 Jahren.
Besserer Schutz im Club

Awareness-Konzept in Wien

40 % der Wiener fühlen sich unsicher beim Clubbing, gerade auch queere Menschen. Ab 2026 wird ein Awareness-Konzept bei Events deswegen zur Pflicht.
Urteil mit großer Bedeutung

Präzedenzfall für US-Queers?

Ein Gericht in Kanada setzte vorerst die Ausweisung eines queeren US-Bürgers aus. Begründung: In den USA könnte es nicht mehr sicher für LGBTIQ* sein.
Hass-Kampagne in der Türkei

Perfide Umfrage in der Bevölkerung

Die Türkei geht mit immer extremeren Mitteln gegen die Community vor, jetzt soll eine perfide Befragung der Bevölkerung den Hass auf LGBTIQ+ befeuern.