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Eklat beim CSD Freiburg

Eklat beim CSD Freiburg LSVD und IG CSD Stuttgart zeigen sich „entsetzt“, die queer-politische Sprecherin der Linken lobt den CSD Freiburg.

ms - 22.06.2023 - 11:00 Uhr
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Der Landesverband des Lesben- und Schwulenverbandes Baden-Württemberg wird in diesem Jahr ebenso wie das Organisationsteam (IG) des CSD Stuttgart nicht am CSD in Freiburg teilnehmen – das teilten beide Organisationen jetzt mit. „Die Vorstände beider Vereine sind entsetzt, dass der CSD Freiburg das Logo der Antifaschistischen Aktion nutzt, um den CSD Freiburg zu bewerben und dieses in das eigene Logo integriert. Zudem ist die Figur auf dem Motiv, eine Anlehnung an ein klassisches „Schwarzwaldmädel“ mit Bollenhut, vermummt, was beide Vereine ebenfalls ablehnen“, so die Begründung.

Kein Werben für Linksradikalismus

Kerstin Rudat aus dem Vorstand des LSVD BW erklärt dazu weiter: „Wir haben in den letzten Jahren sehr gerne in Freiburg teilgenommen, stets zusammen mit ILSE Freiburg, der Initiative queerer Eltern. Der LSVD steht insbesondere in Baden-Württemberg für Regenbogenfamilien und tritt für Familienrechte und Kindeswohl ein. Auch wenn das Motiv der diesjährigen Kampagne des CSD Freiburg ironisch gemeint sein soll – wir können als familienorientierter Verband an keiner Veranstaltung teilnehmen, die offen für Linksradikalismus wirbt oder im direkten Zusammenhang mit gewaltbereiten Gruppierungen steht.“

Umstrittenes Plakatmotiv für den CSD Freiburg 2023

Breite Bevölkerung würde Ironie nicht verstehen

Detlef Raasch, der Vorsitzende der IG CSD Stuttgart, ergänzt dazu: „Wir lehnen jede Art von Radikalismus strikt ab. Die IG CSD Stuttgart steht für ein weltoffenes Miteinander aller Menschen, egal, wen sie lieben, was sie glauben, wie sie aussehen oder welcher demokratisch verankerten Partei sie angehören.“ Beide Verbände hatten zuvor laut Eigenaussage das Gespräch mit Vertretern des CSD Freiburg gesucht. Dieser Austausch sei zwar gut und konstruktiv gewesen, aber letztlich waren die Vorstände beider Verbände trotzdem davon überzeugt, dass die Ironie auch nicht in der breiten Bevölkerung verstanden werden würde.

Gefahr von Rechtsextremismus als Gegenreaktion

„Dass solch eine Provokation auch krasse Gegenreaktionen erzeugen und rechtsextreme Gruppierungen erst recht locken könnte – darüber hätten sich die Freiburger Veranstalter vorher klar sein müssen“, so die beiden Vereine in einem gemeinsamen Pressestatement weiter. Allerdings erklären die beiden Verbände trotzdem abschließend: „Eine antifaschistische, linke Gesinnung ist nicht das Problem. Im Gegenteil – die Welt wäre viel besser, wenn es mehr Antifaschist:innen geben würde, die auch auf die Straße gehen. Aber Logo mit Symbol muten ungefähr so an, als würden stramm konservative Veranstalter direkt das Logo der CDU auf ihr Kampagnenmotiv mit drauf nehmen.“

Antifaschismus als queere Grundüberzeugung

Das Organisationsteam des CSD Freiburg erklärt online die Motivation zur umstrittenen Werbekampagne unter anderem so: „Wir würden den CSD gerne ausschließlich als Fest unserer Identitäten und queerer Kultur feiern – und diesen Gedenktag nicht nutzen müssen, um unsere Rechte einzufordern. Leider werden und wurden queere Menschen traditionell diskriminiert. Hierbei spielt unter anderem Religion als moralische Rechtfertigung eine tragende Rolle. Diskriminierung mit Tradition zu begründen, lehnen wir genauso ab wie diskriminierende Traditionen. Es gibt viel Schwachsinn, der als Tradition verkauft oder mit Tradition begründet wird. Dabei ist es wichtig, Tradition nicht einfach nur hinzunehmen, sondern vielmehr diese zu hinterfragen und ihre Aktualität und Sinnhaftigkeit zu überprüfen (…) Wir hinterfragen Traditionen nicht nur bewusst, sondern setzen uns dafür ein, dass diese fluide bleiben. Antifaschismus gehört für uns als Queers zu unserer grundsoliden Überzeugung. Wir sind und bleiben außerdem vegan, queer, herrschaftskritisch und solidarisch.“

Lob von queer-politischer Linken-Sprecherin Vogler

Lob für die Aktion des CSD Freiburg kommt von der queer-politischen Sprecherin der Linken, Kathrin Vogler. Sie schreibt via Twitter: "Kann noch mal jemand ´Stonewall was a riot´ und ´Antifa ist keine Partei´ ganz langsam zum Mitschreiben sagen? Der CSD Freiburg setzt in Zeiten immer aggressiverer rechter Angriffe auf queere Lebensweisen genau das richtige Zeichen! Alle sollten mitmachen."

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