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Ein kleiner Sieg in Ungarn

Ein kleiner Sieg in Ungarn Fünf Trans-Personen feiern nach jahrelangem Rechtsstreit ihren Sieg

ms - 16.11.2022 - 11:00 Uhr
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Es ist ein zäher Kampf, dem sich die Organisation Háttér verschrieben hat – sie kämpft an der Seite von nicht-binären und Trans-Menschen um grundsätzliche Menschenrechte und die Möglichkeit, dass die ungarischen Behörden die rechtliche Anerkennung des Geschlechts endlich annehmen. In fünf Fällen konnte Háttér jetzt einen kleinen Etappensieg erringen.

Hinhaltetaktik nach Urteil des Verfassungsgerichts

Mit einer Novelle macht es die ungarische Fidesz-Partei seit Mai 2020 unmöglich, eine rechtlich Geschlechtsanerkennung zu erhalten. Der berüchtigte Abschnitt 33 verbietet es, das Geburtsgeschlecht und den Namen von trans- und intersexuellen Menschen in ihren offiziellen Dokumenten zu ändern. In Abschnitt 33 wurde zudem festgelegt, dass das neu eingeführte Verbot rückwirkend auch für alle Fälle gelten soll, in denen Trans-Menschen ihren Antrag auf rechtliche Geschlechtsanerkennung vor Inkrafttreten des Gesetzes gestellt haben.

Als Ergebnis der Rechtsstreitigkeiten und der Bemühungen der Háttér-Gesellschaft entschied das ungarische Verfassungsgericht im Frühjahr 2021 schließlich, dass diese rückwirkende Anwendung des Verbots der rechtlichen Geschlechtsanerkennung gegen das Grundgesetz verstößt. Trotz dieser klaren Regelung seitens des Verfassungsgerichts berief die Regierung erst einmal einen Expertenausschuss ein, das unter fadenscheinigen Gründen die Bearbeitung von bereits laufenden Anträgen immer weiter in die Länge zog.

Das Warten hat sich gelohnt

Die queere Háttér-Organisation konnte nun endlich mit viel fortlaufendem Druck erreichen, dass das zuständige Regierungsamt die örtlichen Standesbeamten darüber benachrichtigte, dass diese in den klagenden fünf Fällen die Änderung des Geschlechts und des Namens im Geburtsregister vornehmen können. Für die Trans-Menschen, die sich von Háttér vertreten haben lassen, bedeutet dies, sie können jetzt ihre neue Geburtsurkunde beantragen und neue Dokumente auf der Grundlage dieser Urkunde ausstellen lassen. "Ich war sehr aufgeregt, und als ich meinen Brief las, konnte ich nicht glauben, dass ich es endlich geschafft hatte. Mir kamen die Tränen vor Freude. Ich kann gar nicht sagen, wie glücklich ich bin. Ich habe endlich erreicht, was ich wollte, auch wenn ich vier Jahre darauf warten musste“, so eine Trans-Person.

Und ein anderer Trans-Mensch erklärte: "Das Warten hat sich gelohnt, denn es ist ein unbezahlbares Gefühl, wenn man endlich den Namen und das Geschlecht der Person, die man ist, in seinem Ausweis stehen hat. Ich fühle mich wie ein Sieger, und ich habe das Gefühl, dass mein Leben endlich beginnen kann. Ich muss mich nicht mehr dafür schämen, dass mich Leute, die nach meinem Ausweis fragen, in den alltäglichsten Situationen seltsam ansehen. Ich denke, das haben wir alle verdient, wir wollen einfach nur unser Leben ungestört leben!"

Das Ziel: Eine mögliche Geschlechtsanpassung für alle Trans-Menschen

Dr. Eszter Polgári, Referentin für Rechtsfragen bei der Háttér-Gesellschaft, erklärte freudig: "Es ist ein großer Erfolg, dass das Budapester Regierungsamt endlich über die fünf Anträge entschieden und die Standesbeamten angewiesen hat, die Geschlechts- und Namensänderungen zu übertragen. Die Verfahren der letzten Jahre zeigen, wie die Strafverfolgungsbehörden, insbesondere das Regierungsamt, versuchen, die Umsetzung der inzwischen unbestrittenen Menschenrechtsstandards, die in den Entscheidungen des Verfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte festgelegt sind, zu behindern. Jeder Mensch hat ein unveräußerliches Recht auf einen eigenen Namen, um seine Identität auszudrücken - so hat es das Verfassungsgericht im Jahr 2018 erklärt. Transgender-Personen haben das Recht, nicht nur ihren Namen zu ändern, sondern auch ihr Geschlecht oder ihre Geschlechtskennung, basierend auf dem Recht auf gleiche Menschenwürde, das durch das Grundgesetz geschützt ist. Wir freuen uns sehr, dass fünf Trans-Menschen bald in der Lage sein werden, ihr tägliches Leben mit Dokumenten zu leben, die ihre Identität widerspiegeln. Wir werden unsere Arbeit fortsetzen, denn diese fünf Verfahren haben bestätigt, dass mit viel Geduld und Beharrlichkeit die lang erwartete positive Entscheidung in den Fällen vor § 33 erreicht werden kann. Unser Ziel ist es, die rechtliche Geschlechtsanerkennung wieder für alle zugänglich zu machen!"

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