Ehe für alle in Brasilien Wird die Homo-Ehe im Gesetz verankert oder scheitert das Vorhaben?
Der Kampf für die Rechte von Schwulen und Lesben endet so schnell nicht – und auch bereits erkämpfte Errungenschaften sind oftmals nicht in Stein gemeißelt. Das zeigt in diesen Tagen der Fall Brasilien sehr deutlich. Seit über einem Jahrzehnt können Homosexuelle im Land grundsätzlich heiraten nach einem Beschluss des Obersten Gerichtshofs. Das Problem: Im brasilianischen Gesetz ist die Homo-Ehe bis heute nicht verankert.
Die Homo-Ehe im Gesetz
Und genau deswegen droht hier jetzt eine potenziell große Gefahr, denn in der Menschenrechtskommission des brasilianischen Nationalkongresses wird aktuell über die gleichgeschlechtliche Ehe diskutiert. Damit diese Debatte am Ende eine positive Mehrheit für die Homo-Ehe erringt, machen mehrere brasilianische LGBTI*-Organisationen und Aktivisten derzeit mobil, allen voran die erste schwarze Trans-Kongressabgeordnete in der Geschichte Brasiliens, Erika Hilton. Ziel ist es dabei, die Ehe für alle zum Gesetz zu machen und LGBTI*-Paare und Familien auch rechtlich anzuerkennen.
„Aktuell greifen rechtsextreme Gruppierungen unsere Rechte an und haben es geschafft, einen Antrag zu verabschieden, der NEIN zur Ehe für alle sagt. Wir müssen das Ruder herumreißen – und jetzt ist der richtige Zeitpunkt! Gemeinsam können wir dafür sorgen, dass Ehen zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren in Brasilien ein für alle Mal anerkannt werden!“, so Hilton.
Viel Zustimmung für die Ehe
Die Online-Petition haben bereits in den ersten Tagen rund 62.000 Menschen unterschrieben. „Wir sind begeistert, dass wir so viel Unterstützung für queere Brasilianer aus der ganzen Welt erhalten. Aber jetzt müssen wir diesen Schwung beibehalten, um den wichtigen Kampf für Gleichstellung zu gewinnen und den Entscheidungsträgern zu zeigen, dass es in Brasilien massive Unterstützung für die Ehe für alle gibt!“ Unter dem Hashtag „SayYes“ laufen deswegen derzeit online sowie landesweit Aktionen.
Ein langer Kampf für Gleichberechtigung
Der Kampf um die Ehe für alle in Brasilien existiert bereits seit 2007, damals brachte der Abgeordnete Clodovil Hernandes erstmals einen Gesetzvorschlag über einen zivilrechtlichen Vertrag für die Ehe von gleichgeschlechtlichen Paaren ein. Immer wieder kam es in den darauffolgenden Jahren auch zu diversen Gegenentwürfen, die die Rechte von Homosexuellen und Regenbogenfamilien im Gegenzug beschneiden sollten.
Im Jahr 2023 dann lehnt der Familienausschuss des Nationalkongresses den Vorschlag für die Gleichstellung der Ehe ab und verabschiedete einen Alternativentwurf zur Abschaffung der gleichgeschlechtlichen Ehe in Brasilien – laut den Aktivisten angestachelt ebenso durch Rechtsextremisten im Land. Der Ausgang aktuell ist daher völlig offen.
Das Thema beherrschte auch im Juni dieses Jahres zusammen mit der steigenden Hasskriminalität im Land den CSD in São Paulo, mit rund fünf Millionen Menschen die größte Pride-Parade der Welt. Das Klima gegenüber Schwulen und Lesben ist noch immer schwierig im Land, vielerorts ist Homophobie stark vertreten, auch wenn zuletzt 2023 mehr Schutzrechte verabschiedet wurden - über 250 Homosexuelle werden jedes Jahr in Brasilien weiterhin ermordet.