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Dunkle Schatten
Rubrik

Dunkle Schatten im Sport Menschenrechte müssen hinter saudischen Geldsegen zurücktreten

ms - 05.04.2024 - 15:00 Uhr

Einmal mehr ziehen dunkle Schatten über den Spitzensport auf. Was zählt, ist einmal mehr das Geld – die Women’s Tennis Association (WTA), die internationale Vereinigung der professionellen Tennisspielerinnen, hat jetzt trotz aller Proteste bestätigt, die WTA-Finals in diesem Jahr wie geplant in Saudi-Arabien stattfinden zu lassen. Einige homosexuelle Prominente sowie auch lesbische Tennisspielerinnen wie Martina Navratilova oder Chris Evert hatten sich strikt dagegen ausgesprochen. 

Katastrophe Menschenrechtsbilanz? Egal!

Die Botschaft ist klar: Saudi-Arabien hat eine „katastrophale Menschenrechtsbilanz“, insbesondere mit Blick auf Schwule und Lesben. Noch immer werden Homosexuelle nur aufgrund ihrer Sexualität zu hohen Haftstrafen bis hin zur Todesstrafe verurteilt. Die Stellung der Frau ist stark reglementiert, insbesondere von lesbischen Frauen. In den Medien herrscht strengste Zensur und eine islamische Sitten- und Religionspolizei wacht über die „Verbreitung von Tugendhaftigkeit und Verhinderung von Lastern.“ 

Wie lässt sich eine solche Einstellung gegenüber Frauen im Allgemeinen und Homosexuellen im Speziellen also überhaupt irgendwie mit einem Sportgroßereignis für Frauen zusammenbringen, die zumeist in kurzen Hosen und T-Shirts auf dem Tennis Court stehen? Auch beim Finale in Riad werden lesbische Spielerinnen dabei sein, unter anderem die Weltranglistenelfte Daria Kasatkina sowie auch Demi Schuurs. 

Preisgelder sprunghaft angestiegen

Geld scheint auch hier ähnlich wie bei der Fußballweltmeisterschaft in Katar im Jahr 2022 tatsächlich alles möglich zu machen und einmal mehr jedwede Grundsätze zu den allgemeinen Menschenrechten vergessen zu lassen. So hat Saudi-Arabien auch die Preisgelder für die besten Spielerinnen deutlich angehoben – von zuletzt insgesamt 6,25 Millionen US-Dollar damals in der Endrunde in Cancun, Mexiko, nun auf ganze 15,25 Millionen US-Dollar in Riad.

Martina Navratilova, die zuvor von einem „bedeutenden Rückschritt" sprach bei der Vergabe des Finalturniers an Saudi-Arabien, erklärte nach der jetzt erfolgten Verkündung seitens der WTA: „Die WTA-Führung und die Spielerinnen haben ihre Entscheidung getroffen. Ich hoffe von ganzem Herzen, dass es die richtige ist – nur die Zeit wird es zeigen.“

Ausnahmegenehmigung für lesbische Spielerinnen

Der Vorsitzende und CEO der WTA, Simon Stone, erklärte, der Umzug nach Riad sei „ein positiver Schritt für das langfristige Wachstum des Frauentennis als globaler und inklusiver Sport.“ Und die Geschäftsführerin der WTA Ventures, Marina Storti, beteuerte, dass es für lesbische Spielerinnen sogar eine Ausnahmegenehmigung gebe, sie dürften entgegen der sonst üblichen saudi-arabischen Gesetze auch zusammen mit ihrer Partnerin in Riad ein Hotelzimmer beziehen: „Uns wurde versichert, dass jeder in Saudi-Arabien willkommen ist, unabhängig von seiner sexuellen Orientierung oder Religion“, sagte Storti gegenüber dem Daily Telegraph.

Täter-Opfer-Umkehr

Deutlicher wurde da im Vorfeld die saudische Botschafterin in den Vereinigten Staaten, Prinzessin Reema bint Bandar Al Saud. Sie warf Navratilova und Evert Rassismus vor: „Denjenigen, die unseren Frauen die gleichen Chancen verwehren wollen, die andere genießen, sage ich laut und deutlich, dass es für mich keinen Platz an ihrem Tisch gibt. Aber ich werde sie an meinem Tisch willkommen heißen. Denn mein Tisch ist nicht durch politische Ansichten, Grenzen, Rasse oder Geographie begrenzt.“ Über die Tatsache, dass Homosexuelle in ihrer Heimat bis heute kriminalisiert und getötet werden, verlor die Prinzessin indes kein einziges Wort.  

170 Hinrichtungen in einem Jahr 

Die Nichtregierungsorganisation Reprieve berichtete derweil, dass in Saudi-Arabien allein im Jahr 2023 mindestens 172 Hinrichtungen vollstreckt worden sind, darunter waren auch Frauen. Wie viele dieser Tötungen aufgrund der sexuellen Orientierung der Opfer erfolgten, kann nicht eindeutig belegt werden. 

„Es gibt auch keine Möglichkeit zu wissen, wie viele Hunderte oder sogar Tausende von Menschen aktuell in den Todeszellen sitzen, da das Justizsystem des Königreichs fast völlig undurchsichtig ist“, so die NGO weiter. Ob sich das bis zur Austragung der Fußballweltmeisterschaft 2034 ändert? Gastgeber auch hier ist Saudi-Arabien

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