Direkt zum Inhalt
Demütigung im Gefängnis

Demütigung im Gefängnis Brittney Griner und ihre düsteren Erlebnisse im russischen Knast

ms - 06.05.2024 - 09:30 Uhr
Loading audio player...

Insgesamt zehn Monate war die lesbische US-Basketballspielerin Brittney Griner (33) im Jahr 2022 in russischer Gefangenschaft, nachdem bei ihr am Flughafen Moskau zwei Marihuana-Vapes als Medikamente im Handgepäck gefunden worden waren. Im Eilverfahren hatte ein russisches Gericht die Spitzensportlerin wegen angeblichen Drogendelikten und Schmuggels zu neun Jahren Straflager verurteilt. Kurz darauf kam sie in ein russisches Arbeitslager. 

Schauprozess über Homosexualität

Der Fall sorgte international für Aufsehen, die US-Regierung sprach klar von einem Schauprozess, dessen eigentliches Ziel es war, die homosexuelle Sportlerin vorzuführen. Erst wenige Tage zuvor hatte Russlands Präsident Wladimir Putin die Verschärfung des Anti-Homosexuellen-Propaganda-Gesetzes unterschrieben, welches Homosexualität in Russland de facto illegal macht. Griner stand bereits seit Jahren offen zu ihrer Homosexualität und hatte 2019 ihre Freundin Cherelle geheiratet.

Im Dezember 2022 schlussendlich nach Intervention auch von US-Präsident Joe Biden war Griner freigelassen worden und konnte zurück in die USA reisen. Als Gegenzug musste Amerika einen russischen Waffenhändler und Schwerverbrecher laufen lassen, der mehrere Terrororganisationen wie Al-Qaida oder die Taliban weltweit mit Waffen versorgt hat. 

Schikane der Polizei 

In ihrem neuen Buch „Coming Home“ schildert die zweimalige Olympia- und WM-Siegerin nun die Zeit in russischer Gefangenschaft: „Ich werde nicht einen Moment vergessen.“ Mehrfach berichtet die 33-Jährige dabei von zutiefst demütigen Schikanen der russischen Polizei; bei jedem Gefängnistransport wurde die 2,05 Meter große Basketballerin bewusst in einen viel zu kleinen Stahlkäfig gequetscht, sodass sie nur seitlich mit angezogenen Knien darin Platz fand.

Ihre Zellen stanken bestialisch, die Toilette bestand aus einem Loch im Boden, das mit Fäkalien befleckt war. Es gab keine Möglichkeit, sich zu säubern. Ihr wurden weder Seife noch Zahnpasta, Shampoo, ein Handtuch oder Toilettenpapier zur Verfügung gestellt. In ihrer Not zerriss sie ihre T-Shirts und nutze diese zur Reinigung. Die befleckte dreckige Matratze auf ihrer Pritsche war offenbar speziell für kleine Menschen ausgesucht worden. Als Nahrung dienten ihr abgepackte Nudeln, Kondensmilch und Salami. Den Fischbrei der Gefängniskantine rührte sie nicht an, weil er so ekelhaft roch. „Ich war noch nie in meinem Leben so schmutzig“, so Griner. 

Behandlung vom Tierarzt 

Als infolgedessen alte Sportverletzungen sich erneut entzündeten, wurde ihr jedwede Hilfe verwehrt. Die Wärter lachten nur und machten sich über die „tolle amerikanische Basketballerin“ lustig. Als schlussendlich eine Augenentzündung immer schlimmer wurde, behandelte sie kein Facharzt, sondern ein Veterinär.  

Immer wieder befragte sie die Polizei auch nach ihrer Homosexualität, sie solle doch über ihre „kranken Gedanken“ berichten. Eine Zellen-Nachbarin, die als Austauschschülerin aus London inhaftiert worden war, übersetzte ihr, wie die Wärter immer wieder über Lesben abfällige Witze machten. Öffentlich wurde sie dann gerne mit Handschellen vorgeführt, sodass die Kameras sie jederzeit einfangen konnten. „Es war wie ein Spektakel, eine öffentliche Bestrafung. Ich sollte gedemütigt werden.“

Selbstmordgedanken im Knast

Auch psychisch ging Griner in den zehn Monaten an ihre Grenzen. Immer wieder habe sie über Selbstmord nachgedacht: „Ich kam als freier Mensch und dann hatte ich nichts mehr. Der plötzliche Wechsel in eine Box, nicht zu wissen, was als Nächstes kommt oder mitten in der Nacht, wenn du Schritte hörst, die zu deiner Zelle kommen. Es war schrecklich.“ Am Ende suchte sie Zuflucht in der Bibel. Inzwischen ist Griner wieder gesund, spielt weiter erfolgreich Basketball und erwartet mit ihrer Ehefrau Cherelle im Juli ihr erstes Kind.   

Anzeige
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Strafe, weil er CSD zuließ?

Anklage gegen Gergely Karácsony

Der Bürgermeister von Budapest sieht sich mit strafrechtlichen Ermittlungen konfrontiert, weil er die Pride-Parade im Juni 2025 ermöglicht hat.
Vorurteile im Kampf gegen HIV

Religiöser Hass in Uganda

Christliche Kirchen verhindern aus Homophobie in Uganda die Unterstützung von Menschen mit HIV, wie die jüngste UNAIDS-Studie belegt.
Rollback in Arlington

Ende bei Antidiskriminierungsschutz

Die erste Stadt in den USA, Arlington, hat jetzt die LGBTIQ+-Antidiskriminierungsgesetze aufgehoben. Eine Entwicklung mit landesweiter Signalwirkung.
Homosexuelle als Bedrohung

Neue Stigmata in Malaysia

Der größte islamische Jugendverein in Malaysia erklärte homosexuelle Menschen zur Bedrohung und fordert weitere Restriktionen gegen die Community.
Asyl für queere Flüchtlinge

Neues Zentrum in Amsterdam

In Amsterdam soll ein neues Asylzentrum nur für queere Flüchtlinge und alleinstehende Frauen entstehen.
Kontenlöschungen bei Meta

Queere Gruppen und Frauen betroffen

Meta steht massiv in der Kritik, zahlreiche Konten mit queeren Inhalten sowie zu Frauenrechten und Abtreibung gelöscht oder stark zensiert zu haben.
Neue Diskriminierung

Keine HIV-positiven US-Soldaten

Das US-Verteidigungsministerium will HIV-positive Soldaten entlassen. Ob das gelingt, ist derzeit Gegenstand einer juristischen Auseinandersetzung.
Klage gegen Erzbistum Köln

Vorwurf von sexuellem Missbrauch

Ein 70-jähriger Mann hat jetzt das Erzbistum Köln wegen mehrfachem sexuellen Missbrauch in seiner Jugend auf eine Million Euro Schmerzensgeld verklagt
Hassdelikt: Polizei ermittelt

Ein gezielter Tritt gegenLGBTIQ+

Ein Postbote in Belfast wurde entlassen, weil er einen Gartenwichtel in Regenbogenfarben samt Pride-Flagge mutwillig umstieß.